# taz.de -- Opposition sagt Ja zum Fiskalpakt: SPD sucht die Verantwortung | |
> Die Bundeskanzlerin ist in ihrer Europapolitik eine Getriebene, meint die | |
> sozialdemokratische Führungstroika. Uund präsentiert sich als Retter. | |
Bild: Diese drei Männer wollen „Frau Merkel helfen“. Peer Steinbrück, Sig… | |
BERLIN taz | Frank-Walter Steinmeier strahlt normalerweise besonnene, | |
trockene Sachlichkeit aus. Aber es gibt eine Frage, die den | |
SPD-Fraktionschef derzeit in Rage bringt. | |
Es ist die, ob die SPD-Fraktion nach den Wahlsiegen des Sozialisten | |
François Hollande in Frankreich und der SPD-Kandidatin Hannelore Kraft in | |
Nordrhein-Westfalen nicht klare, scharfe Bedingungen für ihr Ja zu dem | |
Fiskalpakt von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel stellen muss. „Wir sind | |
nicht die Linkspartei“, zischt Steinmeier im Atrium der | |
Bundespressekonferenz in Berlin. Man betreibe keine „rituellen | |
Oppositionsreflexe“, es stehe Höheres auf dem Spiel. „Wir tragen auch in | |
der Opposition Verantwortung.“ | |
Die SPD-Troika aus Parteichef Sigmar Gabriel, Steinmeier und dem ehemaligen | |
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück war kurz zuvor versammelt vor der | |
Hauptstadtpresse aufgetreten, um zu erklären, wie die SPD sich den „Weg aus | |
der Krise“ in Europa vorstellt. Ein fünfseitiges Papier wurde präsentiert, | |
Einigkeit demonstriert. Die Botschaft: Hier ringen nicht drei Alphatiere um | |
den Kanzlerkandidatenjob, hier entwerfen drei Strategen gemeinsam ein | |
besseres Europa. | |
## Keinen Rückzug in der Verschuldung | |
Die SPD unterstützt im Prinzip Merkels Sparkurs in der EU. Es dürfe keinen | |
„Rückzug in die Verschuldung geben“, so Steinmeier. Doch es müssten auch | |
Wachstumsimpulse her, die das Abrutschen in die Rezession verhindern. | |
Finanziert werden sollen diese Investionen mit der | |
Finanztransaktionssteuer, die in der EU mehr als 50 Milliarden Euro | |
jährlich bringen kann. Diese Steuer, so Steinbrück, „können wir mit neun | |
Ländern in der EU einführen“. | |
Die Merkel-Regierung scheitere dabei nicht am hartnäckigen Widerstand der | |
Briten, sondern an dem der FDP. Das Kapital der Europäischen Investionsbank | |
müsse aufgestockt werden, um so Investionen mit Krediten zu stützen. | |
Außerdem, so Steinbrück, müssten 232 Milliarden ungenutzter Mittel im | |
EU-Strukturfonds für EU-Krisenländer nutzbar gemacht werden. Nötig sei ein | |
Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit. | |
Die SPD will, wie der französische Präsident Hollande, „ein | |
wirtschaftliches Aufbauprogramm, damit Fiskalpakt und Entschuldung | |
überhaupt funktionieren können“, erklärt Gabriel. Dabei ist der | |
SPD-Parteichef sicher, dass Hollande und die veränderte Machtbalance in der | |
EU dafür sorgen werden, dass Merkel „am Ende der Ergänzung ihrer Politik | |
nicht entgegensteht“. | |
## „Frau Merkel braucht uns“ | |
Merkel ist in dem Bild, das die drei SPD-Spitzen zeichnen, eine hilflos | |
Getriebene. Sie steckt in mehreren Zwickmühlen. Da sind die Bundesländer, | |
denen der Fiskalpakt schon ab 2014 jeden Spielraum nimmt, die aber dem Pakt | |
im Bundesrat auch mit Zweidrittelmehrheit zustimmen müssen. In der EU gibt | |
es Gegenwind aus Paris. Und im Bundestag ist Merkel auf die Unterstützung | |
der SPD angewiesen. Steinbrück rief am Ende fröhlich in den Saal: „Frau | |
Merkel braucht uns.“ | |
Doch was die Sozialdemokraten aus dieser für sie günstigen Situation machen | |
wollen, blieb bemerkenswert unklar. Bedingungen für ihre Zustimmung zum | |
Fiskalpakt im Bundestag scheint die SPD nicht zu stellen. Darum, so | |
Gabriel, gehe es „längst nicht mehr“. Sondern um zusätzliche | |
Wachstumsimpulse. Doch was die SPD tun will, um hehre Ziele wie die | |
Finanztransaktionssteuer Wirklichkeit werden sollen, bleibt offen. Erst mal | |
will man anscheinend abwarten. | |
15 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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