# taz.de -- Kommentar Griechenland: Vernünftiger Linksruck | |
> Alexis Tsipras von den radikalen Linken ist die Chance für die Eurozone. | |
> Denn nur seine Partei wird Reformen in Griechenland durchsetzen können. | |
Die Wetten laufen, dass Griechenland schon bald den Euro verlassen könnte. | |
Denn jetzt steht das Land ohne Regierung da, Neuwahlen sind bereits | |
angesetzt. Zudem dürfte der nächste Wahlsieger Alexis Tsipras von den | |
radikalen Linken sein, der ein „Schuldenmoratorium“ fordert und sich nicht | |
an die Sparverträge mit EU und IWF halten will. Das sieht wie Chaos aus, | |
wie irrationale Renitenz. | |
Doch tatsächlich könnte es eine große Chance sein, wenn Tsipras eine | |
Mehrheit in Griechenland erringt. Was für ihn spricht: Er ist jung und | |
steht für einen Generationswechsel, den Griechenland dringend benötigt. Er | |
gehört nicht zu der alten Garde aus Sozialisten und Konservativen, die oft | |
seit mehr als 30 Jahren im Parlament sitzen und den Ruin verursacht haben. | |
Auch ist ein Vorteil, was viele als Nachteil sehen – dass er die radikalen | |
Linken vertritt. Denn nur einem bekennenden Sozialisten werden die Griechen | |
glauben, dass Reformen nötig sind. Weil Tsipras Gerechtigkeit möchte, | |
werden ihm die Wähler abnehmen, dass die Einschnitte unumgänglich sind. | |
Dabei ist kein Hindernis, dass Tsipras jetzt im Wahlkampf Unmögliches | |
verspricht und den Griechen vermittelt, dass sie alles gleichzeitig haben | |
könnten: den Euro, neue Transferzahlungen und ihren alten Klientelstaat. | |
Gerade weil er ihre Interessen und Wünsche verkörpert, werden sie ihm | |
abnehmen, wenn er dann als neuer Regierungschef einräumt, dass Reformen | |
leider nötig sind. | |
Zudem artikulieren die Wähler von Tsipras eine Erkenntnis, die auch in der | |
restlichen EU um sich greift: Sparen allein reicht nicht. Nach fünf Jahren | |
Dauerrezession benötigen die Griechen eine Perspektive. Sie brauchen | |
Wachstum, Investitionen und ein „Geschäftsmodell“. Das geht nur mit Hilfe | |
von außen. | |
Ganz kostenfrei wird es für die Europäer also nicht sein, die Griechen im | |
Euro zu halten. Aber ausgerechnet mit Tsipras könnten sie endlich einen | |
verlässlichen Ansprechpartner haben. | |
15 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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