# taz.de -- Regierungsbildung in Griechenland: Wir müssen reden | |
> Alle zum Staatspräsident: Die Faschisten und die Linken, Papoulias hatte | |
> sie alle zu Gast. Ergebnis: Die kleine Partei „Unabhängige Griechen“ | |
> könnte alle Griechen vor Neuwahlen bewahren. | |
Bild: Die Ouzo-Gläser bleiben leer. Aber es werden immer mehr. Wie lange halte… | |
ATHEN dpa/reuters | Zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands sind am | |
Sonntag Faschisten vom Staatspräsidenten empfangen worden. Dieser musste | |
mit Vertretern der „Goldenen Morgenröte“ sprechen, weil er per Verfassung | |
verpflichtet ist, alle Möglichkeiten zur Bildung einer Regierung | |
auszuschöpfen. | |
Zahlreiche Journalisten setzten sich aus Protest auf den Fußboden, als | |
Parteichef Nikos Michaloliakos am Sitz von Staatspräsident Karolos | |
Papoulias in Athen auftauchte. Anhänger der faschistisch-rassistischen | |
Partei fordern immer wieder, dass alle Anwesenden aufstehen müssen, sobald | |
ihr „Anführer“ einen Raum betritt. | |
Der griechische Präsident empfing den Rechtsextremisten mit ernster Miene. | |
Die beiden tauschten kein Wort aus, solange die Fernsehkameras liefen. Nach | |
dem Treffen erklärte Michaloliakos, er unterstütze keine Regierung, die das | |
Sparprogramm umsetzen wolle. Das Land werde Opfer einer „Finanzattacke“. | |
Die faschistische Partei hatte bei den Wahlen am 6. Mai überraschend fast | |
sieben Prozent gewonnen, so dass sie künftig 21 Sitze im Parlament hat. | |
Am Sonntag waren Treffen des Staatspräsidenten mit den drei größten | |
griechischen Parteien, den Konservativen, dem Bündnis der Radikalen Linken | |
und den Sozialisten zunächst weitgehend ohne Ergebnis geblieben. Am Abend | |
hatte Papoulias dann Gespräche mit den Vorsitzenden kleinerer Parteien | |
aufgenommen. | |
Dabei erklärte sich die Rechtspartei Unabhängige Griechen (AE) | |
grundsätzlich bereit, in eine Mehr-Parteien-Regierung einzutreten oder | |
diese zu unterstützen. Als Bedingung nannte Parteichef Panos Kammenos | |
allerdings, dass der Sparpakt nicht in die Tat umgesetzt werde und | |
Deutschland Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahle. | |
Die Partei - eine Abspaltung der konservativen Nea Dimokratia - hat 33 | |
Abgeordnete im neuen Parlament; sie könnte damit mit den Konservativen (108 | |
Sitze) und den Sozialisten (41 Sitze) eine Mehrheit von 182 Sitzen im 300 | |
Mitglieder starken Parlament stellen. Es ist bisher aber völlig offen, ob | |
Konservative und Sozialisten sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. | |
Eine Schlüsselrolle hat der Chef der linksradikalen Syriza, Alexis Tsipras, | |
der die Bildung einer breiten Koalition in Griechenland erneut ablehnte. | |
Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke hätten zusammen 168 | |
Abgeordnete im Parlament und könnten auch ohne seine Partei problemlos | |
regieren, sagte Tsipras nach dem Treffen mit Papoulias. Ihre Forderung, | |
sein Bündnis müsse unbedingt an der Regierung teilnehmen, sei absurd und | |
„unlogisch“. Das Sparprogramm, zu dem Athen gezwungen werde, sei | |
„barbarisch“. | |
Syriza war aus der Parlamentswahl als zweitstärkste Kraft hinter den | |
Konservativen und vor den Sozialisten hervorgegangen. Doch schon vergangene | |
Woche waren alle Sondierungsbemühungen am erbitterten Widerstand von | |
Tsipras gescheitert. Auch im Umfeld der Nea Dimokratia war nach dem Treffen | |
im Amtssitz des Staatspräsidenten von einer Sackgasse die Rede. Er habe | |
noch "eine kleine Hoffnung", sagte Sozialistenchef Evangelos Venizelos. | |
72 Prozent der Griechen fordern in einer repräsentativen Umfrage, dass die | |
Parteien alles unternehmen sollten, damit eine stabile Regierung gebildet | |
werden kann. Noch mehr, nämlich 78 Prozent, sprechen sich für einen | |
Verbleib im Euroland aus. Die Umfrage wurde am Sonntag in der Athener | |
Zeitung To Vima veröffentlicht. | |
Staatspräsident Karolos Papoulias will am Montag weiter für eine tragfähige | |
Regierung kämpfen. Das Staatsoberhaupt kündigte am Sonntagabend | |
überraschend an, dass er die Gespräche mit den Parteien fortsetzen will. | |
Sollten diese scheitern, müssten spätestens am 17. Juni Neuwahlen | |
stattfinden. | |
13 May 2012 | |
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