# taz.de -- Atomanlage in Gorleben: Radioaktive Drehscheibe schürt Angst | |
> In Gorleben soll ein auf 450 Container ausgerichtetes „Prüf- und | |
> Qualifizierungsgebäude“ entstehen. Umweltschützer fürchten einen | |
> bundesweiten Atommüll-Umschlagsplatz. | |
Bild: Die Größe der neuen hermetisch abgeriegelten Halle in Gorleben soll lau… | |
GÖTTINGEN taz | Der Bau einer neuen Anlage in Gorleben beunruhigt | |
Umweltschützer. Die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), Betreiber des | |
dortigen Atommüllzwischenlagers sowie der Castorhalle, will auf dem Gelände | |
einen Anbau errichten. | |
In dem so genannten Prüf- und Qualifizierungsgebäude sollen dem Unternehmen | |
zufolge die in Gorleben lagernden schwach und mittelradioaktiven Abfälle | |
für ihre spätere Endlagerung im Schacht Konrad bei Salzgitter umgepackt | |
werden – insgesamt rund 450 Container. | |
Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg und die Grünen | |
befüchten indes, dass Gorleben zum bundesweiten Umschlagplatz für Atommüll | |
avancieren könnte. Vorgesehen sei, dass der Atommüll in dem neuen Gebäude | |
unter anderem geprüft, umgepackt, getrocknet und in andere Behälter | |
umgefüllt wird, erklärt ein GNS-Sprecher. | |
All dies erfolge in hermetisch abgeriegelten Kammern, in denen nur Kräne, | |
Roboter und Magneten zum Einsatz kommen. Die Maschinen sollen von | |
Schaltzentralen außerhalb gesteuert werden. Bereits vor zwei Jahren hatte | |
die GNS den Baubeginn für 2012 angekündigt, die Inbetriebnahme war für 2015 | |
geplant. | |
## Atomrecht-Antrag noch nicht gestellt | |
Doch diese Termine werden nicht eingehalten, wie das Unternehmen vergangene | |
Woche beim Besuch von Kommunalpolitikern berichtete. Die Baugenehmigung sei | |
inzwischen zwar erteilt, doch den Antrag nach Atomrecht hat die GNS noch | |
nicht gestellt. Grund: Die Vorgaben für die Anlieferung der Abfälle in | |
Schacht Konrad seien noch nicht ausformuliert. | |
Da diese Vorschriften ziemlich sicher Auswirkungen auf die Architektur des | |
Gebäudes hätten, gebe es noch kein Datum für den Baubeginn. Kritiker stoßen | |
sich insbesondere an der Größe der geplanten Halle: Der Bauantrag weist | |
eine Fläche von 6.500 Quadratmetern aus. | |
So fragt Asta von Oppen, Vorsitzende des Vereins Rechtshilfe Gorleben und | |
grüne Ratsfrau im Samtgemeimeinderat Gartow, „ob hier wirklich nur der | |
bereits im Zwischenlager vorhandene Abfall für Schacht Konrad verpackt | |
werden soll“. Sie befürchtet, dass auch Müll aus der ganzen Republik in | |
Gorleben endlagergerecht verpackt werden könnte. | |
## Neue Konditionierungsanlage | |
„Welchen Sinn macht der Erweiterungsbau für 450 Container?“, will auch | |
BI-Sprecher Lennart Müller wissen. Es stehe zu befürchten, dass die neue | |
Konditionierungsanlage in Gorleben Drehscheibe für weitere | |
Atommülltransporte werde. | |
Wolfgang Ehmke vom BI-Vorstand erinnert daran, dass Gorleben auch als | |
Endlagerstandort „nicht vom Tisch“ sei. Obwohl der Neubau keine | |
hochradioaktiven Abfälle verarbeitet und damit keine direkte Vorstufe für | |
ein Endlager darstellt, werde der Standort Gorleben weiter zementiert. | |
*** | |
Anmerkung der Redaktion: | |
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat zu der Aussage der GNS, dass die | |
Vorgaben für die Anlieferung der Abfälle in Schacht Konrad noch nicht | |
ausformuliert seien, gegenüber der taz Stellung genommen. Dort heißt es: | |
„Die mit Stand Oktober 2010 vorliegenden Endlagerungsbedingungen für das | |
Endlager Konrad bieten ausreichend Planungssicherheit, um mit der | |
Konditionierung bzw. dem Bau einer Konditionierungsanlage für Abfälle für | |
das Endlager Konrad zu beginnen. Diese Endlagerungsbedingungen sind gültig, | |
nach den Regelungen der Endlagerungsbedingungen behandelte und/oder | |
verpackte Abfälle erfüllen die Anforderungen, um im Endlager Konrad | |
eingelagert zu werden. | |
Die GNS hat mit Schreiben vom Januar 2012 um Ergänzung der | |
Endlagerungsbedingungen gebeten. Wenn aus Sicht der GNS offene Punkte | |
bestehen, sind diese von der GNS selbst aufgeworfen worden. Dies ändert | |
jedoch nichts daran, dass Abfälle entsprechend der bereits bestehenden | |
Endlagerungsbedingungen behandelt und/oder verpackt werden können.“ | |
18 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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