# taz.de -- Führungsstreit in der Linkspartei: Das Duell der Keiler | |
> Nicht nur ein Medienklischee: Der Kampf zwischen Oskar Lafontaine und | |
> Dietmar Bartsch ist wieder mal der zwischen Fundis und Realos. Und was | |
> machen die Parteifrauen? | |
Bild: Haben nichts zu lachen: Linke Keiler. | |
Die Linkspartei steuert auf ein Duell zu. Oskar Lafontaine gegen Dietmar | |
Bartsch. Lafontaine will die Schlüsselpositionen im Apparat mit seinen | |
Vertrauten besetzen – um ungestört einen harten Wahlkampf gegen | |
Schwarz-Gelb und Rot-Grün zu führen. Sein Versprechen: Die Linkspartei | |
wieder über 10 Prozent zu bringen. Doch der Glaube an Lafontaines | |
Zauberkunst in Wahlkämpfen hat gelitten. | |
Dietmar Bartsch, Frontmann der Ostrealos, von seinen Kritikern als ewiger | |
Zweiter verhöhnt, will nicht mehr zurückstecken. Seine Wahl wäre ein | |
Signal, dass die Tür zu Rot-Rot-Grün nicht auf ewig versiegelt ist. | |
Fundi gegen Realo, aggressive Westlinke gegen pragmatische Ostlinke. Viele | |
in der Partei halten das für ein Medienklischee. Doch dieser Konflikt | |
schwelt seit Jahren. Er wurde meist im Versteckten ausgetragen, selten | |
öffentlich. Wenn es hart auf hart ging, wurde der Streit moderiert und – | |
wie bei dem Duo Klaus Ernst und Gesine Lötzsch – irgendeine mittlere | |
Lösungen gefunden. | |
Meistens gaben die Ostler eher klein bei. Diesmal nicht. Dietmar Bartsch | |
will seine Kandidatur nicht zurückziehen, Lafontaine nur ohne Gegenkandidat | |
antreten. Am Sonntag treffen sich die Kontrahenten, doch eine Einigung ist | |
unwahrscheinlich. Das Finale am 2. Juni beim Parteitag in Göttingen rückt | |
näher. | |
## Die Loyalitätsfrage | |
Im Bartsch-Lager schaut man dem selbstbewusst entgegen. „Das | |
Spaltungsgequatsche ist nur der Versuch, Angst zu machen“, so ein | |
Bartsch-Anhänger. Wenn Bartsch gewinnt, werde er personell eine Teamlösung | |
für den neuen Parteivorstand finden. Will sagen: Anders als Lafontaine | |
verlangt ein Parteichef Bartsch keine unbedingte Loyalität. Und, so das | |
machiavellistische Argument der Pro-Bartsch-Fraktion: Es wird keine | |
Spaltung geben, weil die enttäuschten Westlinken keine Alternative haben. | |
Im Lafontaine-Lager nehmen viele Abspaltungen im Osten Richtung SPD gern in | |
Kauf. Viele Ostgenossen stören nur bei der Inszenierung „alle gegen uns“. | |
Parteivizechefin Katja Kipping gehört zur emanzipatorischen Linken, die ein | |
bedingungsloses Grundeinkommen will und eher jenseits des | |
Realo-Fundi-Zwistes steht. „Die Gefahr ist groß“, so Kipping zur taz, „d… | |
in Göttingen eine Seite knapp siegt und die andere komplett besiegt wird. | |
Das wäre ein Fiasko.“ Deshalb unterstützt sie „jede Konsenslösung“ die… | |
Showdown auf dem Parteitag verhindert. „Die Männer haben sich verkeilt. Wir | |
brauchen eine Auflösung“, fordert Kipping. | |
Auch Bundesgeschäftsführerin Caren Lay sieht den Showdown skeptisch. „Die | |
männerbündischen Netzwerke haben zu viel Einfluss in der Partei“, sagt sie. | |
Eine prominente Linksparteipolitikerin kritisiert, dass es in diesem Duell | |
auch um „eine Frage der Ehre“ geht. Bartsch wolle sein Gesicht nicht | |
verlieren, Lafontaine sorge sich vor allem um ein günstiges Karriereende. | |
## Kritik am Machotum | |
Die bekannten Gesichter der Linkspartei sind ältere Männer: Gregor Gysi und | |
Oskar Lafontaine. Die Kritik am Machotum ist flügelübergreifend. Janine | |
Wissler, linke Flügelfrau und Landeschefin in Hessen, moniert, dass „wir zu | |
wenig Jüngere und zu wenig Frauen haben, die bekannt sind“. Caren Lay ist | |
sicher, dass der Frauenanteil in der Linkspartei „ohne Quote nicht höher | |
wäre als bei der FDP“. Der liegt bei den Liberalen unter 23 Prozent – bei | |
der Linkspartei bei 37 Prozent. | |
Doch die Quote sorgt derzeit für eine bizarre Situation. Weil laut Satzung | |
mindestens eine Frau an der Parteispitze stehen muss, brauchen Bartsch und | |
Lafontaine Ko-Frauen, am besten aus dem jeweils anderen Landesteil und | |
Parteilager. Nur – sie finden keine, weil keine Westlinke Bartsch stützen | |
will und keine Ostreala Lafontaine. | |
In dieser verfahrenen Lage arbeiten Kipping und der strömungsunabhängige | |
Linksparteiparlamentarier Jan van Aken an einem Plan B – falls sich Bartsch | |
und Lafontaine nicht einigen. „Eine Frauenspitze würde der Linken geht | |
anstehen“, findet van Aken. Kipping schließt eine Kandidatur für sich aus. | |
18 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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