| # taz.de -- Weibliche Doppelspitze in der Linkspartei: „Wir sind nicht niedli… | |
| > Keine Spielerei: Katharina Schwabedissen, Chefin der Linkspartei in NRW, | |
| > will eine weibliche Doppelspitze. Und Oskar Lafontaine als Berater. | |
| Bild: Nicht niedlich: Linke Frauen. (rechts: Katharina Schwabedissen) | |
| taz: Frau Schwabedissen, ist die Linkspartei schon ganz kaputt oder noch | |
| reparabel? | |
| Katharina Schwabedissen: Natürlich reparabel. Nur weil wir eine Wahl | |
| verloren haben, geht doch Partei Die Linke nicht kaputt. | |
| Deshalb nicht. Aber weil sich die Flügel, Ost und West, mit solcher | |
| Inbrunst verachten. | |
| Das stimmt nicht. Uns in Nordrhein-Westfalen haben viele GenossInnen aus | |
| dem Osten im Wahlkampf unterstützt. Dass es eine Spaltung in Ost und West | |
| gibt, das stimmt schlicht nicht. | |
| Aber Dietmar Bartsch gegen Oskar Lafontaine – da sausen doch zwei Züge aus | |
| Ost- und Westdeutschland aufeinander, letzter Halt in Göttingen. | |
| Nein, die beiden verkörpern unterschiedliche Politikvorstellungen. Aber es | |
| gibt auch viele in der Partei, die sagen: Wir brauchen eine andere Form der | |
| Personalfindung. Die Partei diskutiert das derzeit lebhaft. Das ist gut so. | |
| Ist dieses Schauspiel, dieser Mann-gegen-Mann-Showdown, nicht genau die Art | |
| von Politik, die viele Bürger nervt? | |
| Das kann man so pauschal nicht sagen. Die SPD-Troika tritt in trauter | |
| Eintracht auf, aber innerparteilich wird gerangelt, wer Kandidat wird. Das | |
| wird ja auch nicht als der Niedergang der SPD verstanden, sondern als | |
| Streit unter drei Jungs. Was mich stört ist, dass es noch immer die | |
| männliche Dominanz gibt. Wir leben im 21. Jahrhundert! Es gibt fähige | |
| Frauen in der Linken. Wir müssen mal darüber reden, ob es in Ordnung ist, | |
| dass zwei Männer über die Führung streiten, und daneben darf eine Frau | |
| drapiert werden. | |
| Das ist jetzt die Inszenierung: Bartsch und Lafontaine suchen die Frau an | |
| ihrer Seite aus dem anderen Lager … | |
| Und sie finden derzeit keine. Die Frauen reden derzeit lieber miteinander | |
| darüber, was sie wollen. Das ist gut so. | |
| Was halten Sie von Katja Kippings Idee einer Frauenspitze? | |
| Find ich großartig. | |
| Wären Sie dabei? | |
| Wir diskutieren im Moment – gemeinsam. Wir reden aber auch weiter mit | |
| Dietmar Bartsch und Oskar Lafontaine. Es ist nicht so, dass wir uns nur | |
| streiten. Es ist auch nicht so, dass dieser Konflikt, wie manche Medien | |
| nahelegen, zum Niedergang der Linken führen wird. | |
| Ist die Frauenspitze eine realistische Möglichkeit – oder eine Spielerei, | |
| geboren aus der Blockade, die sich zwischen Bartsch und Lafontaine | |
| abzeichnet? | |
| Warum soll eine Frauenspitze denn eine Spielerei sein? Wir hatten in den | |
| ersten Jahren mit Lafontaine und Lothar Bisky ja auch eine Männerspitze. Es | |
| ist offenbar noch immer so, dass Frauen auf dem politischen Parkett als | |
| niedlich angesehen werden. Sind wir nicht. Wir sind nicht das schmückende | |
| Beiwerk an der Seite eines Mannes. Wir meinen es ernst. | |
| Gibt es nicht auch für eine Frauenspitze die Gefahr, dass wenn Lafontaine | |
| nicht Parteichef wird, er die graue Eminenz im Hintergrund ist, gegen den | |
| nichts geht? | |
| Das Bild ist schräg. Oskar Lafontaine zieht nicht im Hintergrund die Fäden. | |
| Er hat diese Partei mit aufgebaut, er hat enormen politischen Spürsinn, | |
| viel Erfahrung, keiner kann so Themen setzen wie er. Wir brauchen ihn als | |
| Berater. | |
| Ist Lafontaine denn noch so unumstritten wie 2009? Oder gibt es mehr | |
| Distanz, weil er doch sehr taktisch die beiden Niederlagen in Kiel und in | |
| Düsseldorf abgewartet hat? | |
| Das ist nicht die Frage, die die Partei bewegt. Es ist eher die Frage, ob | |
| es nicht Zeit für eine neue Generation ist. Das heißt nicht, dass Oskar | |
| Lafontaine weg soll, er soll als politischer Berater da sein. Ich finde, es | |
| ist Unfug zu sagen: Wer das Angebot von Oskar Lafontaine Parteivorsitzender | |
| zu werden ablehnt, ist gegen ihn. Niemand stellt seine Verdienste infrage. | |
| Aber wir diskutieren, ob es nicht besser ist, wenn auch andere Gesichter | |
| dieses Projekt vorantreiben – mit Oskar Lafontaine, nicht gegen ihn. | |
| Also nicht Bartsch oder Lafontaine, sondern eine dritte Lösung? | |
| Ja, das sage ich schon seit Jahren. | |
| Und das ist realistisch? | |
| Ja, nicht im Nahkampf gegen Dietmar Bartsch und Oskar Lafontaine. Die | |
| Partei muss den Weg zu einer dritten Lösung gemeinsam finden. | |
| Was können Frauen an der Spitze denn besser als Männer? | |
| Frauen sind in politischen Führungsposition nicht grundsätzlich besser. Sie | |
| sind keine besseren Menschen. Wir brauchen auch nicht auf Biegen und | |
| Brechen eine Frauenspitze. Ich fände es aber eine gute, sympathische | |
| Abwechslung. Das würde auch zeigen: Unsere Partei bricht mit der Form der | |
| patriarchalen Organisationen. | |
| Wie muss sich die Linkspartei verändern, um wieder Erfolg zu haben? | |
| Wir sind in Nordrhein-Westfalen von einem Wahlkampf in den andern | |
| getrudelt. Was wir ein bisschen versäumt haben, ist die Verankerung vor | |
| Ort. Daran ist niemand Schuld, aber es ist es so. Wir müssen viel mehr im | |
| Alltag der Menschen präsent sein, damit wir einen Gebrauchswert haben. Im | |
| Osten haben wir das, im Westen müssen wir das jetzt angehen. | |
| Können Sie etwas von den Piraten lernen? | |
| Manches machen wir ja schon länger. Aber wir sollten noch klarer machen, | |
| dass Widerspruch nichts Schlechtes ist. Wenn wir mal keine gemeinsame | |
| Meinung haben – na, dann haben wir eben keine. | |
| 18 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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