# taz.de -- Linke-Politiker Gallert über Lafontaine: „Ich lasse mich nicht u… | |
> Oskar Lafontaine habe eine patriarchale Vorstellung von der Partei, | |
> kritisiert der Fraktionschef der Linken in Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert. | |
> Er wünsche sich mehr inhaltliche Arbeit. | |
Bild: Fühlt sich kaiserlich an: Napoleon als Lafontaine beim Rosenmontag. | |
taz: Herr Gallert, Oskar Lafontaine will Parteichef werden, wenn es keine | |
Konkurrenzkandidatur gibt. Was halten Sie davon? | |
Wulf Gallert: Ich habe damit zwei Probleme. Wer Parteivorsitzender werden | |
will, von dem verlange ich eine Analyse unserer Situation. Wir haben in | |
zwei Jahren die Hälfte unserer Wähler und sogar noch mehr Zustimmung in der | |
Bevölkerung verloren. Welche strukturellen Ursachen hat das? Dazu höre ich | |
weder von Oskar Lafontaine noch von Klaus Ernst Grundlegendes. | |
Lafontaine will klaren Oppositionskurs … | |
Mit der Ansage „Kurs halten, keine Debatten, eine möglichst | |
stromlinienförmige Partei“ sind wir doch gescheitert. Mein Vorbehalt gegen | |
Lafontaines Kandidatur ist: Es fehlt eine vernünftige Problemanalyse. | |
Einige scheinen der Meinung zu sein, dass alles in Ordnung war, außer dass | |
Oskar Lafontaine nicht Parteivorsitzender war. So geht es nicht. Sahra | |
Wagenknecht hat zum Beispiel gesagt, dass unsere Partei nicht mehr zu | |
erkennen ist, weil es unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe des | |
gesetzlichen Mindestlohns gibt. Das ist mir zu oberflächlich. Und: | |
Zeitgleich mit der Wahlniederlage in Schleswig-Holstein und in NRW haben | |
wir bei den Kommunalwahlen in Thüringen einen historischen Erfolg erzielt. | |
Das wird überhaupt nicht thematisiert. | |
Und das zweite Problem? | |
Das ist Oskar Lafontaines Ansage, nur zu kandidieren, wenn Dietmar Bartsch | |
verzichtet. Und er ist der Meinung, dass in dem Führungsteam nur Menschen | |
vertreten sein dürfen, die er persönlich ausdrücklich akzeptiert. Das ist | |
eine patriarchale Vorstellung von der Partei. Darauf sollen wir uns | |
einlassen, ohne dass er uns eine überzeugende inhaltliche Analyse | |
präsentiert. Das hat mit einer emanzipatorischen Linken nichts zu tun. | |
Bleiben Sie in der Linkspartei, wenn Lafontaine sich durchsetzt? | |
Ich habe in dieser Partei, der ich ein bisschen länger angehöre als Oskar | |
Lafontaine, schon Schlimmeres erlebt. Ich habe seit 1989 viele Anfeindungen | |
über mich ergehen lassen und bin in der Partei geblieben. Ich werde nicht | |
austreten. Und ich lasse mich nicht unterbuttern. | |
Empfinden Sie Lafontaines Inszenierung als Angriff? | |
Das ist die klare Ansage: Er will Parteivorsitzender werden, wenn es keine | |
kritische Auseinandersetzung mehr mit ihm in der Partei gibt. Das ist ja | |
nicht grundsätzlich neu. Alle Analysen von Klaus Ernst in den letzten zwei | |
Jahren klangen ja genauso: Wir müssen monolithisch sein, dann geht es | |
wieder aufwärts. Neu ist nun die Schärfe und Offenheit, mit der diese | |
Position vorgetragen wird. | |
Wie geht es weiter? | |
Ich wünsche mir, dass vom Parteitag in Göttingen zwei Signale ausgehen: Die | |
Linkspartei ist von ihrem Wesen her pluralistisch, und diese verschiedenen | |
Positionen sind so kompatibel, dass wir zusammen etwas erreichen. | |
18 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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