# taz.de -- Energiegipfel: Alle halbe Jahre wieder | |
> Bund und Länder treffen sich und reden über die Energiewende. Die | |
> Beteiligten fandens toll, gelöst wurde nichts – dafür trifft man sich | |
> jetzt regelmäßiger. | |
Bild: Offshore im Norden – und der Süden will autark sein. | |
BERLIN taz | „Außerordentlich“, „außerplanmäßig“, „sehr konstrukt… | |
das Treffen gewesen, ein „Meilenstein“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
danach. Am Mittwoch hatte sie Chefinnen und Chefs der Länder zu sich | |
geladen, um die Energiewende zu beraten. Am Ende einigten sich die | |
Kanzlerin und ihre Gäste darauf, sich alle halbe Jahre wieder treffen zu | |
wollen, mehr nicht. Regionale Interessen, Rangeleien, Durcheinander – der | |
Ausbau der Ökoenergien ist so einfach nicht mit den Ländern zu | |
koordinieren. Das wurde schon vor dem zweieinhalbstündigen Termin allzu | |
deutlich. | |
Notfalls würde er einen Alleingang machen, wenn das Tempo nicht zunehme, | |
hatte Bayerns CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer gedroht. Er werde zu | |
einem staatlichen Energieversorger zurückkehren, ein „Bayernwerk“ gründen, | |
ließ er via Süddeutsche Zeitung wissen. Zwar seien ihm marktwirtschaftliche | |
Lösungen lieber, aber staatliche seien ebenfalls denkbar. | |
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) fand den | |
Vorstoß ziemlich ungeheuerlich. Wenn im Süden Maßnahmen zur Energieautarkie | |
ergriffen würden, der Norden aber mit Milliardenprogrammen | |
Offshore-Windparks errichte, werfe das Fragen auf, sagte sie im Radio – vor | |
allem eine: Warum solle dann noch Stromschneisen von Nord nach Süd durch | |
den Thüringer Wald geschlagen werden? Mecklenburg-Vorpommerns | |
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) forderte derweil mehr Geld vom Bund | |
für den Ausbau der Netze. Die Energiewende – weg von Atom und fossiler | |
Energie – ist seit fast einem Jahr beschlossen, acht Atomkraftwerke wurden | |
nach der Fukushima-Katastrophe sofort stillgelegt. Neben der Bewältigung | |
der Schuldenkrise ist der Energie-Umbau das große Projekt für die | |
Bundesregierung. | |
Einen Blackout gab es bisher nicht, die Strompreise sind auch noch nicht | |
gestiegen, Deutschland exportiert nach wie vor Strom. Mittlerweile werden | |
dennoch von allen Seiten Zweifel gestreut, ob das gut gehen kann. Die | |
Industrie kritisiert, dass Förderzusagen fehlten, der große Plan auch. | |
Roland Hipp, Kampagnen-Geschäftsführer von Greenpeace, erklärte am | |
Mittwoch: „Frau Merkel muss die Energiewende zur Chefsache machen“. Die | |
Kanzlerin muss sich vorwerfen lassen, sich nicht gekümmert zu haben. Ein | |
Gesamtkonzept fehlt. Am Mittwoch versuchte sie dem entgegenzutreten. Sie | |
erklärte: „Wir fühlen uns gemeinsam verpflichtet“ – der Bund und die L�… | |
also. Konkrete Ergebnisse gab es aber keine. Die Energiewende solle | |
„sicher“, „umweltverträglich“ und „bezahlbar“ sein. Arbeitsgruppen… | |
sich den verschiedenen Baustellen annehmen. | |
Baustelle 1 : Ausbau der Stromnetze. Die Bundesnetzagentur präsentiert | |
nächste Woche einen Plan dazu. Bis Ende des Jahres soll dann ein | |
Bundesnetzplan Gesetz werden. Baustelle 2: Energiereserven vorhalten, wenn | |
Wind und Sonne zu wenig Strom liefern. Am besten geeignet sind | |
Gaskraftwerke, die von einem Moment auf den anderen Strom liefern können. | |
Nur: Wer baut und zahlt diese, wenn sie nur selten gebraucht werden? | |
Und Baustelle 3: Gesetze zur Solarförderung und Sanierung älterer Gebäude | |
hat der Bundesrat gestoppt. Bis zur Sommerpause werde es aber einen | |
Kompromiss geben, so die Kanzlerin. | |
Bundesumweltminister Peter Altmaier hat versprochen, „Gesprächsblockaden“ | |
überwinden zu wollen. Am Dienstag habe er mit FDP-Wirtschaftsminister | |
Philipp Rösler verabredet, sich künftig eng abzustimmen. Es wird noch viel | |
geredet werden. | |
23 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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