# taz.de -- Kosten für Zahnmedizin: Dritte Zähne kriegen keine Karies | |
> Aus demografischen Gründen werden die Kosten für zahnärztliche | |
> Behandlungen bis 2030 sinken, sagt die Regierung voraus. Weniger | |
> Zahnärzte soll es aber nicht geben. | |
Bild: Preiswerte Prothese: Weil alte Menschen weniger Zähne haben, müssen auc… | |
BERLIN taz | Der Bedarf an zahnärztlichen Behandlungen wird bis zum Jahr | |
2030 sinken. Und zwar nicht obwohl, sondern weil die Gesellschaft immer | |
älter wird. Zu diesem Urteil kommt die schwarz-gelbe Bundesregierung in | |
ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten | |
Harald Terpe zu „Qualität und Strukturen der zahnmedizinischen Versorgung | |
in Deutschland“, die der taz vorliegt. Darin heißt es: „Ab der Altersgruppe | |
der 65- bis 70-Jährigen ist eine kontinuierliche Abnahme der Ausgaben je | |
Versicherten festzustellen.“ In allen anderen Bereichen der medizinischen | |
Versorgung geht der Trend in die andere Richtung. | |
Die Prognose der Regierung basiert auf Schätzungen und Studien der | |
Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung | |
(KZBV) sowie des Instituts der Deutschen Zahnärzteschaft (IDZ). Sie | |
überrascht nur auf den ersten Blick: Zum einen habe sich „die | |
Mundgesundheit in Deutschland in den letzten drei Jahrzehnten in allen | |
Altersgruppen der Bevölkerung entscheidend verbessert“, bilanziert die | |
Regierung und nennt als Stichworte Prävention, Prophylaxe, | |
Ernährungsberatung und Anweisungen zur Mundhygiene. Dies führe bei den | |
künftigen Alten zu einer „strukturellen Verschiebung der Nachfrage“ von | |
zumeist kostenintensiven zahnersetzenden zu günstigeren zahnerhaltenden | |
Maßnahmen. | |
Hinzu komme, dass ältere Menschen seltener unter Karies litten. „Ältere | |
Menschen haben in der Regel weniger eigene Zähne, sodass der | |
Behandlungsaufwand bei dieser Patientengruppe tendenziell mit geringeren | |
Ausgaben je Versicherten verbunden ist“, heißt es. Konkrete Summen nennt | |
die Regierung nicht. | |
Steigen würden dagegen parodontologische Leistungen, so die Regierung. | |
Bereits ein Fünftel der Senioren weise „schwere Erkrankungsformen der | |
Parodontitis“ auf. Die Anzahl der von den gesetzlichen Kassen erbrachten | |
Parodontalbehandlungen ist nach Angaben der KZBV allein zwischen 2008 und | |
2009 um 3,7 Prozent gestiegen – von 918.200 auf 952.000 Fälle. | |
## International vergleichweise viele Zahnärzte | |
Die Regierung erwartet hierzu „Lösungen“: Der Gemeinsame Bundesausschuss | |
(GBA) aus Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern solle spätestens 2013 | |
„Leistungen zur Individualprophylaxe von Erwachsenen“ festlegen. Ziel ist | |
es, weitere Kosten einzusparen. | |
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass weder der prognostizierte | |
demografiebedingte Rückgang an Therapiekosten noch die veranschlagten | |
künftig sinkenden Behandlungsbedarfe Auswirkungen haben sollen auf die | |
künftige Zahl an Zahnärzten und deren Honorare. Zwar weist Deutschland mit | |
82 behandelnd tätigen Zahnärzten je 100.000 Einwohner inzwischen im | |
internationalen Vergleich eine recht hohe Zahnarztdichte auf (Mehrzahl der | |
OECD-Länder: 50 bis 80), wie die Regierung einräumt. | |
Auch sei die Zahl der behandelnd tätigen Zahnärzte von 1992 bis 2010 um | |
20,5 Prozent auf fast 67.808 Dentisten gestiegen. Im gleichen Zeitraum | |
erhöhte sich nach Angaben der KZBV aber auch das durchschnittliche | |
Bruttoeinkommen je Praxisinhaber (vor Abzug von Steuern und | |
Sozialversicherungsbeiträgen) um 26,5 Prozent auf 125.036 Euro. | |
Einen Anlass, angesichts dieser Entwicklungen die zahnärztlichen | |
Zulassungen wieder zu beschränken – entsprechende Steuerungsmechanismen | |
existierten bis 2007 – sieht die Regierung aber nicht. Im Gegenteil. | |
Kürzlich hat sie beschlossen, ab 2013 die strikte zahnärztliche | |
Budgetierung abzuschaffen. | |
29 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
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