# taz.de -- Kassen sollen Kliniken empfehlen dürfen: Behandlung aus der Sparkl… | |
> In Zukunft sollen Patienten Geld sparen, wenn sie in Kliniken gehen, die | |
> von den Kassen empfohlen werden. So wollen es CDU und FDP, doch die CSU | |
> macht nicht mit. | |
Bild: Mag die Kasse diese Klinik, gibt es Nachlässe. | |
BERLIN taz | Die gesetzlichen Krankenkassen sollen sich künftig als Lotsen | |
bei der Krankenhaus-Wahl betätigen dürfen. Sie sollen dazu ihre | |
Versicherten, die vor einem planbaren Krankenhausaufenthalt stehen, etwa | |
wegen einer Hüft- oder Kniegelenkoperation, bei der Wahl der Klinik | |
beraten. | |
Folgen die Patienten der Empfehlung ihrer Kasse, dann sollen sie die sonst | |
fällige Krankenhauszuzahlung von 10 Euro pro Tag und maximal 280 Euro pro | |
Jahr nicht mehr bezahlen müssen. Die gesetzlichen Änderungen will die | |
schwarz-gelbe Koalition noch vor der Sommerpause beschließen. | |
In einem entsprechenden Änderungsantrag heißt es dazu: „Die Krankenkasse | |
kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Versicherte für eine | |
Krankenhausbehandlung keine Zuzahlungen zu leisten haben, wenn sie ein von | |
der Krankenkasse vorgeschlagenes Krankenhaus wählen.“ Ziel des finanziellen | |
Anreizes sei, „qualitativ und wirtschaftlich geeignete Krankenhäuser zu | |
wählen“, heißt es in der Begründung, sprich: Kosten zu sparen. | |
Eine komplette Abschaffung der Wahlfreiheit bei der Klinikauswahl soll es | |
aber nicht geben. Für Versicherte, die dem Rat ihrer Kasse nicht folgen | |
möchten, bliebe alles wie bisher – nur dass sie dann kein Geld sparen. | |
Der Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) begrüßte den | |
Vorstoß. „Die Diskussion um die sogenannten Fangprämien und Operationen | |
zeigt, dass die Rolle der Krankenkassen als Ratgeber wichtig ist“, sagte | |
ein Sprecher. Die Möglichkeit, finanzielle Anreize zu setzen zugunsten von | |
mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit, nutzten einzelne Kassen in anderen | |
Bereichen schon jetzt: Wer etwa an bestimmten Hausarztprogrammen teilnehme, | |
spare mitunter die Praxisgebühr. | |
Allerdings gingen die Regierungspläne nicht weit genug: Die Kassen fordern, | |
Einzelverträge mit einzelnen Krankenhäusern abschließen zu dürfen, um | |
Kosten zu sparen. In Holland, wohin insbesondere die CDU bei ihren | |
Reformplänen schaut, ist dies den Kassen bereits erlaubt. | |
## Opposition und CSU sind dagegen | |
Während die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, | |
derlei Anreize als „sinnvoll“ bezeichnete, sofern Qualitätsstandards | |
gesichert seien, lehnte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die | |
Regierungspläne ab: „Es ist überhaupt nicht gesagt, dass deswegen die | |
Qualität der Eingriffe steigt“, warnte er. | |
Zu befürchten sei, dass die Krankenhäuser, um preiswert anbieten zu können | |
und damit für die Kassen attraktiv zu sein, die Qualität – etwa von | |
Implantaten – absenkten. Dies wiederum führe zu einer Zementierung der | |
Zweiklassenmedizin: Wer die Zuzahlung bezahlen könne, käme künftig in die | |
bessere Klinik, Einkommensschwache dagegen in die schlechtere. | |
Ähnlich argumentierte der Linken-Abgeordnete Harald Weinberg: „Wenn | |
Krankenkassen bestimmen, in welches Krankenhaus der Patient eingewiesen | |
wird, kommt eine billige, aber keine gute Versorgung raus.“ Die Zuzahlungen | |
gehörten abgeschafft, ohne damit eine Einschränkung der Wahlfreiheit zu | |
verknüpfen. Kritik kam auch von der mitregierenden CSU: „Wir werden das | |
nicht mittragen“, sagte Gesundheitsexperte Max Straubinger der Süddeutschen | |
Zeitung. Es bestehe die Gefahr, dass die Kassen unliebsame Kliniken aus dem | |
Geschäft drängen könnten. | |
31 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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