# taz.de -- Krankenhäuser arbeiten zusammen: Koordinierte Geburtshilfe | |
> Neuer Keim bringt das Klinikum Mitte wieder unter ESBL-Verdacht. Dessen | |
> Geburtshilfe bleibt geschlossen, staatliche und private Kliniken springen | |
> ein | |
Bild: Darf beim Geburtshilfe-Netzwerk nicht fehlen: Meister Adebar | |
Genaue Untersuchungen werden erst Ende des Monats vorliegen, aber bisher | |
deutet einiges darauf hin, dass wieder im Klinikum Mitte ein Säugling mit | |
dem gefährlichen ESBL-Darmkeim infiziert wurde. Da alle möglichen baulichen | |
Quellen desinfiziert und saniert wurden, gehen viele Experten davon aus, | |
dass der Keim bei einer MitarbeiterIn „eingenistet“ ist und so immer wieder | |
übertragen wird. Allerdings haben die Mitarbeiter-Screenings dafür bisher | |
keine Bestätigung erbracht. | |
Vor dem Hintergrund der aktuellen Nachrichtenlage haben am Mittwoch | |
Vertreter aller mit Geburtshilfe befassten Bremer Kliniken mit den | |
Sprecherinnen der Hebammen und der niedergelassenen Frauenärzte am „Runden | |
Tisch“ eine weitreichende Zusammenarbeit verabredet. Das wäre vor einem | |
Jahr kaum denkbar gewesen – der damalige Chef des kommunalen | |
Klinikverbundes der „Gesundheit Nord“ (Geno), Diethelm Hansen, hatte Ende | |
2010 gerade das „freigemeinnützige Klinikum“ des Joseph-Stiftes durch die | |
fristlose Kündigung eines Kooperationsvertrages brüskiert. Konkurrenz auf | |
allen Ebenen war die Devise. Aber die neue Geno-Chefin, Jutta Dernedde, | |
pflegt einen neuen Stil nicht nur klinikverbundintern, sondern auch | |
gegenüber der „Konkurrenz“ der privaten Kliniken. Das Joseph-Stift hat seit | |
Wochen immerhin fast die Hälfte der Geburten, die im vergangenen Jahr noch | |
im Klinikum Mitte stattgefunden haben, übernommen. Noch mehr sind an das | |
Klinikum Links der Weser (LdW) gegangen, das auch die Betreuung der | |
Frühgeborenen bei sich konzentriert – die bisher 14 Betten in der | |
Neonatologie sollen auf 24 aufgestockt werden. Vor zwei Jahren – unter | |
Hansen – war die Neonatologie im LdW weitgehend geschlossen worden. | |
Rein statistisch reichen die Kapazitäten der Geburtshilfe in Bremen aus, | |
die Auslastung liegt derzeit bei 90 Prozent, erklärt die Sprecherin der | |
Gesundheitsbehörde – alles ist also eine Frage der Koordination und | |
Zusammenarbeit. Die Behörde begrüßt, dass dafür geradezu ein „Netzwerk“… | |
Mittwoch verabredet wurde. In einer der drei gebildeten Arbeitsgruppen soll | |
es um Öffentlichkeitsarbeit gehen – Bremens Kliniken wollen zusammen auch | |
an ihrem Image arbeiten. | |
Auch Michael Umlandt, der Sprecher der niedergelassenen Frauenärzte, ist | |
zufrieden mit dem „Runden Tisch“. Er hatte vor einer Woche die | |
Zusammenarbeit eingefordert mit der Bemerkung, es herrschten manchmal | |
„lazarettähnliche Zustände“. Eine „freche Bemerkung“ sei das, sagte d… | |
Sprecher der Geno. Umlandt antwortet: Sein böses Wort basiere auf Berichten | |
von Patientinnen und sei natürlich nur auf einzelne Situationen bezogen | |
gewesen. Doch die provozierende Formulierung sei offenbar notwendig | |
gewesen, um den „Runden Tisch“ anzustoßen. Die Geburtshilfe im Klinikum | |
Mitte wird vor Fertigstellung des Neubaus 2015 vermutlich nicht neu | |
eröffnet. Solange man die Quelle der Infizierung nicht gefunden habe, | |
„wollen wir auf Nummer sicher gehen“, sagt die Sprecherin der | |
Gesundheitsbehörde. Mit 1.100 Geburten im Jahr – im Durchschnitt sind das | |
weniger als 25 in der Woche – war die Geburtshilfe im Klinikum Mitte zudem | |
auch wirtschaftlich nicht besonders erfolgreich. Ein Neuaufbau mit anfangs | |
noch geringeren Zahlen würde über Monate defizitär sein – bis die Klinik | |
das Vertrauen zurückgewonnen hat. Aber warum bereichert das Klinikum Mitte | |
das vorhandene Angebot nicht zum Beispiel mit einem „Hebammen-Kreißsaal“?, | |
fragt der Frauenarzt Umlandt. Das brächte mehr Vielfalt für die | |
Schwangeren. Im Gegensatz zu Bremen habe Bremerhaven so etwas seit Jahren. | |
17 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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