Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar neue Führung Linkspartei: Die Zeit der Überfiguren ist …
> Die neue Spitze der Linkspartei ist grüner und sozial bewegter. Kipping
> und Riexinger werden die Last auf viele Schultern verteilen müssen. Darin
> liegt Schwäche und Chance zugleich.
Bild: In der Linkspartei stellt sich künftig eine neue Doppelspitze vor die Mi…
Die Linkspartei hat sich eine [1][Doppelspitze gewählt], die auf dem
Wunschzettel von Klaus Ernst, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine stand.
Die Realos um Dietmar Bartsch und die ostdeutschen Landesvorsitzenden haben
den Machtkampf gegen die linken Strömungen verloren. Die Flügelkämpfe gehen
weiter, die Krise der Partei bleibt. So einfach ist das. So einfach?
In Göttingen ist mehr passiert, und das liegt nicht nur am neuen
Führungsduo Katja Kipping und Bernd Riexinger. Am Wochenende ist die
Gründungsgeschichte der gemeinsamen Linken zu Ende gegangen. Symbolisch
vollzogen im Bruch zwischen Gregor Gysi und Oskar Lafontaine; praktisch
vollzogen in der Wahl einer Doppelspitze, die auf anderen Traditionen
gründet als die bisherigen.
Die neue Doppelspitze ist grüner und sozial bewegter. Die Partei wird in
Zukunft von zwei Vorsitzenden repräsentiert, die ihre Wurzeln weder in der
SPD haben noch zu denen gehören, die sich aus der SED heraus auf den
reformsozialistischen Weg machten. So wenig Riexinger aus der
IG-Metall-Kultur stammt, so wenig verkörpert Kipping das typische
PDS-Funktionärstum.
Die sächsische Bundestagsabgeordnete gehörte zu jenen in der Linken, die
schon vor Jahren für eine Öffnung in das grüne Spektrum warben; zusammen
mit ihrer neuen Stellvertreterin Caren Lay gründete sie einst die kleine
innerparteiliche „Emanzipatorische Linke“; in ihrem Umfeld wird seit langem
darauf gedrängt, die Partei aus der strategischen Fixierung auf die SPD zu
lösen – und stattdessen gemeinsam mit den Grünen zum Motor alternativer
Mehrheiten zu werden. Riexinger wiederum hat als Gewerkschaftslinker im
Südwesten schon zu Zeiten das Bündnis mit sozialen Bewegungen gesucht, als
andere noch nicht einmal aus der SPD ausgetreten waren; der Ver.di-Mann war
gar nicht erst drin.
Das allein macht natürlich noch keinen Neuanfang. Und völlig offen ist, ob
die Neuen im Karl-Liebknecht-Haus sich von den machtpolitischen
Voraussetzungen in der Partei emanzipieren können, ohne die sie auf den
Chefsesseln der Linken nicht hätten Platz nehmen können. Wer von Strömungen
gewählt wird, gerät schnell in ihren Strudel. Das wird Kipping, die bei den
Gewerkschaftern mit Argwohn beobachtete Anhängerin eines Bedingungslosen
Grundeinkommens, genauso zu spüren bekommen wie Riexinger, der im
mitgliederstarken Osten nun als Bartsch-Verhinderer gilt.
Riexinger ist weitgehend unbekannt und kein großer Rhetoriker, ihm hängt
als Landesvorsitzender von Baden-Württemberg die notorische Erfolglosigkeit
im Südwesten an. Viel wird auf Kipping lasten, die zwar als
Sozialpolitikerin weithin Anerkennung genießt, sich das Vorsitzendenamt
bisher als junge Mutter aber allenfalls als Halbtagsjob vorstellen konnte.
Hier liegt die wohl größte Schwäche der neuen Doppelspitze, aber zugleich
auch ihre größte Chance. Wenn es im kommenden Jahr in Niedersachsen und im
Bund für die Linkspartei um alles geht, werden Kipping und Riexinger die
Last auf viele Schultern verteilen müssen. Das schafft Raum zur Integration
der verschiedenen Strömungen in der Partei, und es würde die Linke aus der
Abhängigkeit von den großen Überfiguren befreien. Die Zeit der Gysis und
Lafontaines ist in Göttingen abgelaufen.
3 Jun 2012
## LINKS
[1] /Kipping-und-Riexinger-fuehren-die-Linke/!94536/
## AUTOREN
Tom Strohschneider
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach dem Linke-Parteitag: Die ganze Partei fühlt sich gestärkt
Die Medien sehen die Wahl von Bernd Riexinger als Sieg der Westlinken. Doch
die Ostlinken sehen das anders: Aus der neuen Führung sei „durchaus etwas
zu machen“.
Dietmar Bartsch über Linke nach Parteitag: „Die Kluft ist sehr tief“
Nach dem Scheitern seiner Kandidatur für den Parteivorsitz beklagt Dietmar
Bartsch die „Kulturlosigkeit der Auseinandersetzung“ bei den Linken. Eine
Spaltung lehnt er ab.
Linke-Parteichef Bernd Riexinger: Der Gewerkschafter, der Bartsch schlug
Im neuen Führungsduo der Linkspartei ist er der Westlinke: Bernd Riexinger,
Schwabe und Freund sozialer Bewegung, setzt auf außerparlamentarische
Politik.
Linke-Parteichefin Katja Kipping: Unangepasst jenseits der Strömungen
Im neuen Führungsduo der Linkspartei ist sie die Ostlinke: Die neue
Parteichefin Katja Kipping will Flügelkämpfe überwinden und neue
Reformideen verwirklichen.
Kipping und Riexinger führen die Linke: Keine Demütigung, kein Frieden
Neben Katja Kipping setzt sich Lafontaine-Mann Bernd Riexinger knapp gegen
Dietmar Bartsch als Linken-Chef durch. Damit dürfte der Flügelkampf aber
kaum vorüber sein.
Gysi- und Lafontaine-Reden beim Parteitag: „In der Fraktion herrscht Hass“
Gregor Gysi hält die Spaltung der Linkspartei für möglich, Oskar Lafontaine
sieht keine Probleme. Katharina Schwabedissens Verzicht auf eine
Vorstandskandidatur bestätigt eher Gysis Sorgen.
Klaus Ernst zieht Bilanz als Linksparteichef: Keine Ära der Lebensfreude
Klaus Ernst zieht beim Parteitag der Linken die Bilanz seiner Zeit als Teil
der Doppelspitze. Es wurde ein Rückblick aus Selbstkritik und
Schuldzuweisung.
Linken-Parteitag wählt neuen Vorstand: Offenes Rennen im Reparaturschuppen
Mit der Wahl einer neuen Führung will die Linkspartei aus der Krise kommen.
Der Ausgang gilt als völlig offen. Zunächst wird aber über konkurrierende
Leitanträge debattiert.
Jan Korte zum Linke-Parteitag: „Wir sind nicht die Linke light“
Außergewöhnlich: Zum Parteitag der Linken am Wochenende gibt es einen
alternativen Leitantrag. Der soll die Streitkultur in der Partei
wiederbeleben, sagt Linkspartei-Politiker Jan Korte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.