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# taz.de -- Dietmar Bartsch über Linke nach Parteitag: „Die Kluft ist sehr t…
> Nach dem Scheitern seiner Kandidatur für den Parteivorsitz beklagt
> Dietmar Bartsch die „Kulturlosigkeit der Auseinandersetzung“ bei den
> Linken. Eine Spaltung lehnt er ab.
Bild: Harmonie sieht anders aus: Oskar Lafontaine (links), Bernd Riexinger (auc…
taz: Herr Bartsch, sind Sie deprimiert?
Dietmar Bartsch: Nein. Natürlich hätte ich gerne gewonnen. Aber nach all
dem, was abgelaufen ist, war das kein schlechtes Ergebnis. Katja Kipping
war in Göttingen als Parteichefin gewählt. Da verstehe ich, dass Delegierte
– zum Beispiel aus Bayern – neben einer Vorsitzenden, die im Osten geboren
ist, nicht unbedingt noch einen Ossi wollten.
Wenn die Westlinken nicht per Delegiertenschlüssel bevorzugt wären (wobei
die Stimme eines Westlers mehr zählt als die eines Ostlers), dann wären Sie
jetzt Parteichef.
Vielleicht. Aber der Westen hat nicht geschlossen Riexinger gewählt und der
Osten nicht geschlossen mich. Es ist differenzierter. Wir haben diesem
Delegiertenschlüssel, der die Westverbände privilegiert, zugestimmt. Daran
zu rütteln ist schwierig. Den deutsch-deutschen Einigungsvertrag können wir
auch nicht mehr ändern.
Sie sind auf dem Parteitag in Göttingen als Parteichef gescheitert. Was
nun?
Ich bin stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion. Das bleibe
ich.
Gregor Gysi hat von der Trennung der Linkspartei geredet. Ist dieses
Szenario jetzt nähergerückt?
Das sehe ich nicht. Eine Spaltung in PDS und WASG würde dazu führen, dass
es zwei unbedeutende Parteien gibt.
Also liegt Gysi falsch?
In der Frage ja. Ansonsten hat er die Lage der Partei und die Stimmung in
der Bundestagsfraktion zutreffend beschrieben. In der Fraktion ist die
Kluft sehr tief.
Spiegelt die Führung mit Kipping und Riexinger die Machtverhältnisse in der
Linkspartei ausbalanciert wider? Oder gibt es Sieger und Verlierer?
Die beiden sind ja nicht als Heilsbringer angetreten. Jetzt hat der
Souverän gesprochen. Das haben alle zu akzeptieren. Was jetzt notwendig
ist, sind nicht markige Reden in geschlossenen Sälen, sondern harte
Alltagsarbeit.
Glauben Sie wirklich, dass der innere Zwist in der Partei mit dieser
Führung beendet wird?
Ich wünsche mir das. Das kann nur die Praxis zeigen. Das Problem ist ja
nicht der Streit in der Sache, sondern die zum Teil herrschende
Kulturlosigkeit der Auseinandersetzung …
… etwa wenn Westgenossen nach Ihrer Niederlage die Internationale anstimmen
…
Ach, die Internationale ist so ein schönes Lied, das kann man zu jedem
Anlass singen.
Glauben Sie, dass Bernd Riexinger eine unabhängige Rolle spielen wird? Oder
wird er, wie Klaus Ernst es war, der Lautsprecher von Lafontaine?
Ernst war am Ende der Pressesprecher, hat ein Genosse formuliert. Es wäre
vermessen, wenn ich ein Urteil über Bernd Riexinger abgeben würde. Dafür
kenne ich ihn schlicht zu wenig. Die Frage kann ich in zwei Jahren
beantworten.
Vor zehn Jahren ist der linke Flügel in Gera einfach durchmarschiert. Jetzt
auch?
Nein. Die gesamte Führung mit Matthias Höhn als Bundesgeschäftsführer und
Raja Sharma als Schatzmeister ist das klare Zeichen: Entweder wir schaffen
es gemeinsam – oder gar nicht.
Ist der sogenannte Reformerflügel nach Göttingen stärker oder schwächer?
Schaun mer mal.
Lafontaine ist nur noch im Hintergrund präsent, Gregor Gysi scheint sich
enttäuscht abzuwenden. Wer wird das neue Gesicht der Linkspartei?
Die Zeit, als Lafontaine und Gysi die Partei und ihr Bild extrem geprägt
haben, geht zu Ende. Wir müssen mehr als Team agieren. Das ist zeitgemäßer.
Die großen, alles überstrahlenden Führungsfiguren passen nicht ins 21.
Jahrhundert.
Ist eine Annäherung an Rot-Grün mit Kipping/Riexinger eher möglich?
Das ist im Moment unwichtig. Das Gerede über Koalitionen auf Bundesebene
führt nur ins Abseits. Wir müssen die Partei stabilisieren und die
Interessen unserer Wähler vertreten. Darum geht es.
3 Jun 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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