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# taz.de -- Jahrestagung Netzwerk Recherche: Der Verein der Edelrechercheure
> Bei der Jahrestagung von „Netzwerk Recherche“ in Hamburg gab es wieder
> einmal Ärger – diesmal aber eher auf den Podien. Der Negativpreis ging an
> die Fifa.
Bild: Erhält den Negativpreis „Verschlossene Auster“: Der Weltfußballverb…
HAMBURG taz | Das größte Rätsel, das die Jahrestagung von „Netzwerk
Recherche“ zu bieten hat, ist traditionell ihr Titel. „DigiTal der
Ahnungslosen – Recherche jenseits von googeln und mogeln“, so das Motto des
Branchentreffens, das von Freitag bis Samstag auf dem Gelände des NDR in
Hamburg stattfand.
Es hätte auch „Ein bisschen Frieden“ lauten können, denn im vergangenen
Jahr hatte es ordentlich gekracht im Verein der Edelrechercheure.
Vorstandsmitglieder hatten im Mai 2011 die Finanzen geprüft und Gelder
gefunden, die dem Verein nicht zustanden. Der Gründer und damalige
Vorsitzende des Vereins, SWR-Chefreporter Thomas Leif, musste abdanken, er
sprach von einem „Putsch“, Sponsoren sprangen ab.
Ein bisschen Ärger gab es auch diesmal. Vor der Jahrestagung hatte das
Branchenmagazin V.i.S.d.P eine interne Vorstandsmail veröffentlicht, die
belegen soll, wie das Netzwerk bei der Akquise von Sponsoren getrickst hat.
Auf der Mitgliederversammlung am Freitag war das jedoch nur am Rande ein
Thema, die neuen Vorsitzenden Oliver Schröm (Stern) und Markus Grill
(Spiegel) waren sichtlich um Normalität bemüht. Das Motto: Die Krise ist
vorbei, auch wenn der Staatsanwalt ermittelt.
Streit gab es eher auf den Podien. In knapp 80 Veranstaltungen wurden große
Fragen (die Frauenquote, der Streit über die Bild, die Bezahlschranke, das
Urheberrecht), Fragen für Liebhaber (das Medienphänomen FC Bayern) und
Spezialistenfragen (Excel für Profis) verhandelt.
## Seltsame „Slobodan“-Witze
Und am Freitag verlieh der Verein wie jedes Jahr die „Verschlossene
Auster“, für den Informationsblockierer des Jahres. Die Laudatio hielt
Roland Rino Büchel, Schweizer Nationalrat der SVP. Er durfte mit seinem
ehemaligen Arbeitgeber abrechnen, dem Fußballweltverband Fifa. Er tat das
bravourös, indem er die Ambitionen des Präsidenten Sepp Blatter beschrieb,
sein Ziel sei der Friedensnobelpreis, und gleichzeitig über die korrupten
Strukturen des Vereins aufklärte – gemeint hier der Fußballverband.
Seltsam jedoch waren Büchels Witze über einen „Slobodan“, den er vor der
Preisverleihung im Zug getroffen habe. Büchel machte sich in seiner
Laudatio über dessen schlechtes (Schweizer-)Deutsch lustig.
In der Konferenzzeitung, die sich selbstgewiss Nestbeschmutzer nennt und
Büschels Rede dokumentiert, fehlt diese Passage – wie auch der Hinweis, das
Büchel zur rechtspopulistischen SVP gehört.
Nach der Verleihung diskutierte Büchel mit Uli Hoeneß, dem Präsidenten des
FC Bayern. Auch er fand deutliche, kritische Worte zur Fifa. Noch
emotionaler verliefen nur die Diskussionen über die Bild („Gute
Journalisten, schlechte Journalisten?“) und eine Debatte über das
Urheberrecht. Dort diskutierte leider kein Unterzeichner des Aufrufs „Wir
sind die Urheber“ mit, obwohl „Netzwerk Recherche“ nach eigener Auskunft
bei mehreren Kandidaten angefragt hatte.
So waren Bruno Kramm von der Piratenpartei, der Experte Matthias Spielkamp,
der Journalist Benno Stieber und der Autor Ulrich Wickert fast harmonisch,
wären nicht wütende Zwischenrufe aus dem Publikum gekommen, als Pirat Kramm
das Menschenrecht auf Teilhabe mit der neusten Staffel von „Games of
Thrones“ in Verbindung brachte.
Auch beim Podium zur Bild, ausgelöst vom neuerlichen Streit über den
Henri-Nannen-Preis, glänzte leider ein Vertreter jener Seite mit
Abwesenheit, deren Verteidigung durchaus interessant gewesen wäre.
„Netzwerk Recherche“ hatte nach eigener Angabe beim Springer-Verlag
angefragt. Doch offenbar traute sich keiner von Bild aufs Podium.
3 Jun 2012
## AUTOREN
Felix Dachsel
## TAGS
ADAC
Netzwerk Recherche
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