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# taz.de -- Fifa erhält Negativpreis: Die Bösesten der Bösen
> Der Fifa wird wegen ihrer Informationsblockade ein Negativpreis vom
> Netzwerk Recherche verliehen. Uli Hoeneß profiliert sich dabei als
> Chefankläger.
Bild: Sepp Blatter ist ein Freund der Schweigepflicht.
HAMBURG taz | In Deutschland steht kein Zweiter so für die
Profitmaximierung im Fußballgeschäft wie Uli Hoeneß. Und er ist stolz
darauf, verkündet bei jeder Gelegenheit, er habe den FC Bayern München von
einem Millionendefizit zu einem Festgeldkonto von 130 Millionen Euro
geführt. Paradoxerweise steht kein zweiter Profitmaximierer so im Ruf, sich
ein gutes Herz bewahrt zu haben, wie der erste deutsche
Fußball-Merchandiser. Er verschafft gefallenen Profis Jobs und veranstaltet
Retterspiele für notleidende Klubs. Und er hat meist einen Bad Guy an der
Seite, der die böse Seite des Geschäfts verkörpert, wie in München
Karl-Heinz Rummenigge.
Insofern war die Bühne bei der Jahrestagung der Journalistenvereinigung
Netzwerk Recherche in Hamburg optimal bereitet für Hoeneß. Er sollte den
Widerpart geben für den Bösesten der Bösen im Fußballgeschäft: Sepp
Blatter, allmächtiger Boss des Fußballweltverbandes Fifa. Die bekam vom
Netzwerk Recherche den Negativpreis Verschlossene Auster als
Informationsblockierer des Jahres verliehen, da sie „ in den vergangenen
Jahren alle Versuche kritischer Journalisten, über Korruption und
Ungereimtheiten bei der Postenvergabe zu recherchieren, abgeblockt“ habe,
wie es in der Jurybegründung heißt.
Es hätte der Preisverleihung noch mehr Würze gegeben, wenn Uli Hoeneß
selbst die offizielle Laudatio gehalten hätte. Das tat dann der Schweizer
Nationalrat und ehemalige Fifa-Mitarbeiter Roland Büchel. Büchel erinnerte
an die gerichtsfest bewiesenen Schmiergeldzahlungen von mehr als 140
Millionen Franken, die größtenteils an die Fifa-Spitzenfunktionäre gingen.
Aber auch an die legalen Zahlungen des Verbandes, der alle vier Jahre die
größte Showveranstaltung der Welt veranstaltet: „Im letzten Jahr schüttete
die Fifa 96,8 Millionen Dollar an Löhnen, Zahlungen an Ehrenamtliche und
Boni aus – nicht übel für einen nicht gewinnorientierten Verein mit
extremen steuerlichen Privilegien und einem ideellen Zweck“, so Büchel.
Natürlich kamen auch die undurchsichtigen Vergaben von WM-Austragungen und
Fernsehrechten zur Sprache. Und am Ende fragten sich alle, wie immer, wenn
es um Blatter und die Fifa geht: „Wie ist so ein Gebaren im 21. Jahrhundert
in Europa vor den Augen der Weltöffentlichkeit möglich?“ Das konnte auch
Uli Hoeneß nicht richtig beantworten. Aber er versuchte es immerhin:
„Blatter hat einen Closed Shop errichtet, in den niemand kommt, der ihm
nicht dient“, sagte er auf der anschließenden Podiumsdiskussion. „Er
steuert alles. Viele Entscheidungen in den vergangenen zehn, fünfzehn
Jahren sind nicht mit rechten Dingen zugegangen.“ Dass sein Weggefährte
Franz Beckenbauer selbst jahrelang Mitglied im 24-köpfigen Exekutivkomitee
der Fifa war, spielte Hoeneß runter. „Der Franz wird einiges wissen, aber
er ist noch in der Muschel.“
Deutlicher wurde er in seiner Kritik an der Rolle, die ein ehemaliger
DFB-Präsident in diesem Gremium spielt. „Unser Doktor Theo Zwanziger hat
keine Chance, die haben ihn umgarnt, und er lässt sich beschmusen.“ Als
wenn das an Häme noch nicht reichen würde, beantwortete er die Frage, ob
Zwanziger eine „Lame Duck“ sei, folgendermaßen: „Aber für ihn ist es ja
schon ein Problem, Lame Duck zu übersetzen, weil er kein Englisch kann.“
Hoeneß erklärte trotz alledem, ihm sei es egal, wie viel die Fifa einnehme
und Blatter verdiene. „Aber ich will, dass die Fifa-Verantwortlichen nach
unseren rechtsstaatlichen Vorstellungen ihre Geschäfte machen.“ Auf dem Weg
dahin müssten die großen europäischen Verbände zusammen agieren,
schließlich kämen 80 oder 90 Prozent der Milliardenumsätze der Fifa aus dem
europäischen Fußballmarkt.
Im Extremfall könnte man sogar über einen WM-Boykott nachdenken. Als
leuchtendes Beispiel erwähnte er die Initiative der 14 größten europäischen
Klubs, die vor Jahren dem europäischen Verband Uefa Druck gemacht hätten.
Spätestens nach Ablauf von Blatters Amtsperiode in drei Jahren sei die Zeit
für grundlegende Reformen auch in der Fifa reif. Auf die Frage, ob nicht
die Gefahr bestehe, dass der 76-Jährige noch eine fünfte Amtszeit anstreben
könnte, rief Hoeneß aus: „Gott bewahre!“ Und hatte mal wieder alle
Sympathien auf seiner Seite.
3 Jun 2012
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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