# taz.de -- Vor dem UN-Gipfel Rio+20: Dezentrale Karawane | |
> Von Ernährungssouveränität bis Trinkwasser: Die Themen des UN-Gipfels | |
> stoßen in Südamerika auf Interesse, doch die Erwartungen an die Konferenz | |
> sind gering. | |
Bild: Im Cochabamba tagt die Organisation amerikanischer Staaten (OAS). Gastgeb… | |
COCHABAMBA taz | Cochabamba hat sich in Schale geworfen: In der | |
zentralbolivianischen „Hauptstadt der Mutter Erde“, einer politischen | |
Hochburg von Präsident Evo Morales, tagen gerade die Außenminister der | |
Staaten Amerikas. Auf Initiative der Gastgeber geht es in einem Nobelhotel | |
um „Ernährungssouveränität“. | |
Das Thema ist auch auf dem „Fahnenplatz“ präsent, wo Kleinbauern aus | |
verschiedenen Landesteilen und aus dem peruanischen Puno unzählige | |
Kartoffelsorten ausstellen und austauschen. | |
An einer Ecke des Platzes protestieren Umweltschützer gegen den Bau einer | |
Landstraße durch das Tipnis-Schutzgebiet im amazonischen Tiefland, auf der | |
Bühne demonstrieren sechs Schüler aus einem Andendorf in einem kurzen | |
Sketch die Gefahren der Pflanzengifte im Landbau. In ihren Schulgärten | |
setzen sie nur Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel aus eigener | |
Produktion ein. | |
Der Umweltgipfel Rio+20 wirft seine Schatten voraus: Seit einer guten Woche | |
zieht die „Karawane für das Leben“ um die alternative Theatertruppe Trono | |
aus El Alto durch den Andenstaat. Vom Wallfahrtsort Copacabana am | |
Titicacasee in den Anden bis an den Copacabana-Strand bei Rio geht die | |
Reise, die sich Regionalkoordinator Peter Strack von Kinderhilfswerk Terre | |
des hommes ausgedacht hat. | |
## Ohne didaktischen Zeigefinger | |
„In Rio werden wir mit vielen Gruppen um Aufmerksamkeit konkurrieren | |
müssen“, meint Strack, allein zum „Völkergipfel“ werden Zehntausende | |
erwartet. Sein Konzept, mit dieser „Dezentralisierung“ tausende Bolivianer | |
zu erreichen, ist aufgegangen: Mit dem Stück „Bis zum letzten Tropfen“ | |
bringen die international besetzten Tronos die Wasserproblematik | |
unterhaltsam und ohne didaktischen Zeigefinger auf die Bühne, die | |
Ladefläche ihres Lkws. | |
Die TeilnehmerInnen kommen aus diversen Terre-des-hommes-Partnergruppen in | |
Bolivien. An jeder Station sind einheimische Kulturaktivisten zur Stelle, | |
an Infoständen wird über Klimawandel, Biolandbau oder internationale | |
Umweltpolitik informiert, in Brasilien geht es ähnlich weiter. | |
Aus der Bergbaustadt Oruro fährt der Jugendaktivist Daniel Blanco mit. Mit | |
mehreren hundert bolivianischen Jugendlichen hat er ein Dokument erstellt, | |
das er in Rio präsentieren möchte. „Besonders wichtig sind mir die | |
Mitsprache der Jugendlichen und Programme zur Umwelterziehung in den | |
Medien“, sagt er und lädt auf seinem Laptop eine Audiodatei mit einem | |
Interview für sein Lokalradio hoch. Der Parteipolitik steht der 24-Jährige | |
misstrauisch gegenüber. | |
Auch zwei Terre-des-hommes-Freiwillige aus Nordrhein-Westfalen sind mit von | |
der Partie. Francesca Sciannimanica, 18, und Fabienne Ettel, 21, die schon | |
länger in Jugendnetzwerken mitarbeiten, berichten auf einem Blog und auf | |
Facebook von der Karawane. Sie wollen auf die Verletzung „ökologischer | |
Kinderrechte“ aufmerksam machen, etwa durch Vergiftungen im Bergbau. | |
Fabiennes Erwartungen an den Regierungsgipfel sind niedrig, aber das stört | |
sie nicht: „Echte Veränderung kann nur von der Basis kommen“, meint sie. | |
Ein Bündnis von 300 Entwicklungsorganisationen beklagte am Dienstag den | |
großen Einfluss der Industrie auf die Vereinten Nationen. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
## TAGS | |
Konferenz | |
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