# taz.de -- Kommentar Wahl in Frankreich: Riskante Wahl für Hollande | |
> Eine niedrige Wahlbeteiligung in Frankreich könnte unberechenbare Folgen | |
> haben. Peinlich wäre, wenn der frisch gewählte Präsident Hollande keine | |
> Mehrheit im Parlament bekommt. | |
Nichts garantiert, dass der neu gewählte französische Präsident François | |
Hollande bei der Wahl der Abgeordneten auch die Parlamentsmehrheit bekommt, | |
die er zum Regieren braucht. | |
Das wäre ja wirklich zu peinlich, wenn er nach seinem Sieg über Nicolas | |
Sarkozy im zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahlen nun diese „dritte | |
Runde“ verlöre. Unmöglich ist das aber nicht. Dieselben Umfrageinstitute, | |
die einen Sieg der Linken am 10. und am 17. Juni voraussagen, warnen | |
nämlich auch davor, dass eine besonders schwache Wahlbeteiligung | |
unberechenbare Folgen haben könnte. | |
Frankreichs Präsident Hollande hat sein Amt mit einer Dynamik angetreten, | |
die seinem Vorgänger „Speedy-Sarko“ in nichts nachsteht. Doch dieser Elan | |
wird von Anhängern nicht mitgetragen. Dabei hatte Hollande noch gar nicht | |
Zeit, seine Wähler zu enttäuschen. Dennoch sind viele bereits wahlmüde. | |
Sie haben Gründe: Die Wahlperiode hat sehr früh begonnen mit der | |
Nominierung des Sozialisten Kandidaten (Hollande) und ging weiter mit einer | |
fast sechsmonatigen Kampagne. Selbst die größten Politikfans fühlen sich | |
mit Debatten und Propaganda überfüttert. Die Leute haben das Gefühl, mit | |
ihrer massiven Beteiligung bei den Präsidentschaftswahlen (mehr als 80 | |
Prozent) ihre Bürgerpflicht erfüllt zu haben. | |
Sogar die Angst vor dem Vormarsch der extremen Rechten funktioniert nicht | |
mehr als Anreiz zu Wahlbeteiligung. Dem Front National ist es unter Führung | |
von Marine Le Pen gelungen, zu einer fast banalen Kraft zu werden, da | |
rechts von der Mitte die Unterschiede in der Ausländerfeindlichkeit und in | |
den Rufen nach autoritärer Ordnung zu bloßen Nuancen werden. Die | |
Gleichgültigkeit der Wählerinnen und Wähler aber ist nur die gefährliche | |
Kehrseite dieser Banalisierung. | |
Wie immer klagen vor allem die Verlierer über die Stimmenthaltung. Nun lag | |
die Beteiligung mit fast 58% nur knapp hinter jener von 2007 zurück. Das | |
ist für Frankreich zwar wenig, reicht aber durchaus, um dem Ergebnis und | |
damit der Regierungsmehrheit die nötige Legitimität zu geben. François | |
Hollande will ein ganz „normaler“ Präsident sein. Er bekommt vom Volk eine | |
„normale“ linke Mehrheit. Nichts mehr und nichts weniger. Mehr braucht er | |
theoretisch nicht, um sein Programm in die Tat umzusetzen. | |
10 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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