# taz.de -- Parlamentswahl in Frankreich: Hollande siegt, Le Pen auch | |
> François Hollandes Sozialisten sind die Sieger der französischen | |
> Parlamentswahl. Doch in vielen Wahlkreisen muss noch einmal gewählt | |
> werden. | |
Bild: Hofft auf eine sozialistische Mehrheit: Francois Hollande. | |
PARIS taz | Frankreichs neue Staatspräsident François Hollande konnte am | |
Sonntagabend halbwegs aufatmen. Die Ergebnisse des ersten Durchgangs der | |
Neuwahl der 577 Abgeordneten lassen die Prognose zu, dass die Linke nach | |
den Stichwahlen vom kommenden Sonntag über eine Mehrheit von rund 300 bis | |
350 verfügen wird. | |
Da nur in einer kleinen Minderheit der Wahlkreise der Sitz bereits auf | |
Anhieb mit einer absoluten Mehrheit erobert wurde, muss dieser Linksrutsch | |
aber am kommenden Sonntag erst noch bestätigt werden. Generell hält der | |
Linkstrend der Präsidentschaftswahlen an. | |
Noch ist hingegen unklar, ob die Sozialisten alleine eine absolute | |
Regierungsmehrheit bekommen, oder ob sie auf die Stimmen der Grünen oder | |
eventuell sogar auf die Loyalität der radikaleren Linksfront angewiesen | |
sein werden. Mit den Grünen haben sich die Sozialisten auf eine politische | |
Plattform geeinigt, die als Grundlage einer Koalition dienen kann. Viel | |
komplizierter wären die Diskussionen mit der Linksfront (Kommunisten und | |
Linkspartei) | |
Glimpflich scheint für die meisten Regierungsmitglieder der Wahltest | |
verlaufen zu sein. Premierminister Jean Marc Ayrault und Außenminister | |
Laurent Fabius beispielsweise wurden gleich auf Anhieb (mit mehr als 50 | |
Prozent) gewählt, auch andere Minister , die mit ihrer Kandidatur großen | |
Risiken eingegangen waren, sind in einer eher vorteilhaften Ausgangslage. | |
Natürlich werden die Regierungsmitglieder ihre Abgeordnetensitze an ihre | |
Vertreter abtreten. Dabei gilt die Regel, dass Minister, die in der | |
Wählergunst durchfallen, auch ihren Regierungsposten abgeben müssen. | |
Laut den ersten Schätzungen kommen die Sozialisten dieses Mal auf etwas | |
mehr als 35 Prozent, die gesamte parlamentarische Linke auf 47 Prozent. Die | |
bürgerlich-konservative UMP erhält ebenfalls rund 35 Prozent im | |
Landesdurchschnitt, sie verzeichnet mit ihren kleineren Satellitenpartein | |
damit einen Verlust von rund 10 Prozent gegenüber 2007. Die Sozialisten | |
können namentlich auf die Zusammenarbeit und Unterstützung der Grünen | |
(Europe Ecologie Les Verts) und auch auf die Linksfront (Kommunisten und | |
Linkspartei) zählen, während die UMP keine zusätzlichen Reserven hat. Die | |
Partei des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy dürfte daher in vielen | |
Wahlduellen am nächsten Sonntag unterliegen. Hochrechnungen zufolge dürfte | |
sie statt den bisherigen 345 nur noch 210 bis maximal 266 Mandate erringen. | |
Wenig Aussagekraft hat der Durchschnitt des Stimmenanteils für den | |
rechtsextremen Front National. Dessen 13,5 Prozent verdecken große lokale | |
Differenzen. FN-Parteichefin Marine Le Pen konnte in ihrer | |
nordfranzösischen Hochburg jubeln. Mit ihren 42 Prozent wäre sie sogar fast | |
im ersten Anlauf gewählt worden. Es ist fraglich, ob ihre beiden linken | |
Gegner, der Linksfront-Führer Jean-Luc Mélenchon (21 Prozent) und der | |
Sozialist Philippe Kemel (23 Prozent) mit vereinten Kräften noch verhindern | |
können, dass sie in die Nationalversammlung einzieht. | |
Mélenchon lässt dem Sozialisten den Vortritt für diese Stichwahl. Für ihn | |
ist es aber bereits die zweite persönliche Schlappe in seinem Kampf gegen | |
die FN-Vorsitzende, die ihn schon bereits bei den Präsidentschaftswahlen | |
als Kandidatin klar distanziert hatte. | |
Für Marine Le Pen wäre die Eroberung eines Abgeordnetenmandats bereits eine | |
enorme Genugtuung für ihre Partei, die bisher wegen des Mehrheitswahlsystem | |
keinen Sitz in der großen Kammer hatte. Auch in zahlreichen anderen | |
Wahlkreisen kann sich der FN mit Stimmenanteilen von mehr als 20 oder 30 | |
Prozent für die Schlussrunde qualifizieren. In Südfrankreich haben auch der | |
für den FN antretende Staranwalt Gilbert Collard sowie Marion Maréchal-Le | |
Pen, eine Enkelin des Parteigründers Jean-Marie Le Pen, echte Wahlchancen. | |
Ab heute werden aber in zahlreichen Wahlkreisen, wo ein zweiter Durchgang | |
ansteht, intensive Verhandlungen stattfinden. Die UMP hat grundsätzlich | |
Allianzen mit den FN gegen die Linke ausgeschlossen. Doch Ausnahmen unter | |
dem Druck der Wählerbasis könnten womöglich die Regel bestätigen. | |
11 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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