# taz.de -- TEED´s Debütalbum „Trouble“: Rave vom Chorknaben | |
> Orlando Higginbottom alias Totally Enormous Extinct Dinosaurs aus Oxford | |
> liefert mit „Trouble“ Futter für den glücklichen Dancefloor. Seine | |
> Mission: „Spaß verbreiten“. | |
Bild: TEED´s Cover ruft förmlich nach „Dance Dance Dance“. | |
Dance, Dance, Dancemusic, unterlegt mit Lyrics wie „ooh, you make me happy“ | |
oder „Everywhere I look I see you“ – das klingt nach Sommerhit, rasch | |
gefüllter Tanzfläche und fröhlicher Popmusik ohne jeden Tiefgang. „Spaß | |
verbreiten“, das will auch der Produzent und DJ Orlando Higginbottom, daher | |
wählte er für sich einen ausgefallenen Künstlernamen, der, wie er im | |
Interview sagt, „weniger streng und cool ist, als bei anderen Musikern der | |
Dancefloorszene“. | |
Totally Enormous Extinct Dinosaurs, abgekürzt TEED, nennt er sich seit 2008 | |
und verbreitet seither eine Musik, die viel Party verspricht und sich mit | |
einer witzigen Lifeshow inklusive Konfettibomben und zwei Tänzerinnen in | |
engen Dinosaurierkostümchen beim Rave-Nachwuchs beliebt macht. Einen Hit, | |
„Garden“, hat er schon gelandet, einzelne Tracks wurden beim Londoner Label | |
Greco-Roman veröffentlicht, nun veröffentlicht Totally Enormous Extinct | |
Dinosaurs sein Debütalbum „Trouble“ bei einem Major. | |
Damit könnte schon alles gesagt sein, ist es aber nicht. Hinter der | |
Spaßfassade TEED verbirgt sich ein gebildeter, wohl erzogener, etwas | |
blässlich ausschauender Junge, Jahrgang 1984, aufgewachsen in Oxford. Als | |
Sohn eines Musikprofessors nahm er schon früh klassischen | |
Klavierunterricht, musizierte daheim mit seinen vier Schwestern und zwei | |
Brüdern und bildete im Chor unter den gotischen Gewölben von Oxfords | |
Kirchen den glasklaren Klang seiner Stimme aus. „Trouble“ sollte also nicht | |
unterschätzt werden. | |
Es zeigt das vielschichtige Musikverständnis eines Youngsters, der | |
unterschiedlichste Strömungen der elektronischen Musik in einen komplexen | |
Dancesound zusammenfügen kann. Viel Bass und schnelle Rhythmen, dazu | |
schlaue Patterns, die er sich aus einem naiven Gameboy-Klingklang oder | |
Protosynthesizersounds zusammenbastelt, bespielen nahezu jeden seiner | |
Tracks. | |
## Harter Techno mit finsterem Gesang | |
Dafür bricht Higginbottom mit Jungle-Rhythmen, HipHop-Beats, | |
Detroit-Reminiszenzen oder ganzen Technosequenzen die fröhliche Grundmasse | |
seines Sounds gut auf. „Solo“ etwa, „der wohl seltsamste Track des Albums… | |
wie Orlando selbst sagt, „bei dem ich ursprünglich eine Art harten Techno | |
mit finsterem Gesang verbinden wollte“, verliert sich in dunklen Phasen, | |
die aber dann von einer funkigen Basslinie durchdrungen werden. | |
Diesen Trumpf, seine Songs zwischen verschiedene musikalische Sphären | |
switchen zu lassen, zieht der Dinosaurier gern: Mal entpuppt sich ein | |
kühles Popstück am Ende als Housetrack mit kräftigem Afrogesang, mal wächst | |
aus melancholischen, mehrstimmigen Gesangssamples ein ordentlicher | |
Jungle-Beat heraus. „Ich weiß nie, wo es hinführt. Wenn ich an einem Stück | |
bastele, dann ist das, als würde ich mich in einem dunklen Raum langsam an | |
den Wänden entlangtasten. Am Ende weiß nur ich, ob ich den Track mag oder | |
nicht.“, kommentiert er. | |
Schon mit 13 Jahren begann Higginbottom, eigene elektronische Musik zu | |
produzieren. Und er hat sich bis heute einen Style angewöhnt, der flache | |
und tiefe Sounds, Hall und Oberflächen gegeneinander ausspielt. Zuweilen | |
bringt er diese ständig alternierenden Klangwolken sogar mitten im Track | |
zum Erliegen, um sie dann langsam wieder aufzubauen. | |
Das klingt sehr unstet, funktioniert aber. Was hingegen immer gleichbleibt, | |
ist seine glasklare Stimme, ein hoher, bubenhafter Gesang, der „zufällig“ | |
in seine Musik geraten sei und seitdem in eingängigen Melodien über den | |
Dancebeats schwebt. Ja, „Trouble“ ist ein fröhliches, ein | |
Frischling-Popalbum, aber es ist ausgeklügelt und intelligent. Pas mal. | |
18 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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