# taz.de -- Evonik verschiebt Börsengang: Genossen bleiben Chemiebosse | |
> Der Börsengang des Chemiekonzerns Evonik muss erneut abgesagt werden, zur | |
> Freude der Sozialdemokraten. Die wollen den Einfluss der Politik sichern. | |
Bild: Nicht bereit für den Börsengang: der Mischkonzern Evonik. | |
BOCHUM taz | Es sollte der größte Börsengang seit dem der Post vor zwölf | |
Jahren werden – doch der Versuch, den Chemieriesen Evonik zum DAX-Konzern | |
zu machen, endete in einer Blamage. | |
Bereits zum dritten Mal musste Evoniks Mehrheitseigentümer, die Essener | |
RAG-Stiftung, den Aktienverkauf am Montag absagen: „Der erzielbare Preis“ | |
sei „zu weit von einer angemessenen Bewertung entfernt“, hieß es in einer | |
Mitteilung der Stiftung. | |
Enttäuscht habe vor allem die Arbeit der Investmentbanken von Goldman Sachs | |
und Deutscher Bank, war aus Essen zu hören: Statt der erwarteten 16 bis 18 | |
Milliarden wollten durch die Eurokrise verunsicherte Großinvestoren | |
offenbar nur 12 Milliarden Euro zahlen. | |
Das Stiftungskuratorium, dem unter anderen die Ministerpräsidenten der | |
beiden Bergbauländer Nordrhein-Westfalen und Saarland, Hannelore Kraft | |
(SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesfinanzminister Wolfgang | |
Schäuble (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) | |
angehören, zog daraufhin die Notbremse. Schließlich soll die 2007 | |
gegründete RAG-Stiftung die „Ewigkeitskosten“ des 2018 auslaufenden | |
Steinkohlebergbaus abdecken. | |
Durch die Kohleförderung sind etwa an der Ruhr ganze Regionen um bis zu 30 | |
Meter abgesenkt worden. Soll das Ruhrgebiet nicht in eine Seenplatte | |
verwandelt werden, muss auf alle Ewigkeit Grundwasser weggepumpt werden. | |
Allein das kostet mindestens 200 Millionen Euro – pro Jahr. Hinzu kommen | |
Bergschäden, also Risse in Häusern und Straßen. | |
## Die industrielle Kernkompetenz | |
Eine Niederlage ist der gescheiterte Aktienverkauf besonders für | |
Stiftungschef Wilhelm Bonse-Geuking. Der war 2007 von Nordrhein-Westfalens | |
abgewähltem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers installiert worden und | |
hielt bis zuletzt an dem Evonik-Verkauf fest. Jetzt gilt Bonse-Geuking als | |
Mann auf Abruf: 30 bis 50 Millionen Euro seien für die Vorbereitung des | |
Börsengangs ohne jeden Nutzen an die Investmentbanker geflossen, kritisiert | |
vor allem die SPD. | |
Denn Sozialdemokraten und Gewerkschaften setzen längst nicht mehr auf einen | |
Evonik-Verkauf: Stattdessen wollen sie den Einfluss der Politik auf den | |
Chemiekonzern langfristig sichern. „Bei der strategischen Ausrichtung der | |
Evonik“ müssten „industrielle Kernkompetenzen am Standort NRW erhalten | |
bleiben“, heißt es dazu selbst im Koalitionsvertrag der rot-grünen | |
Regierung von Hannelore Kraft. | |
Bonse-Geukings Nachfolger dürfte deshalb Gerhard Schröders einstiger | |
Wirtschaftsminister Werner Müller werden. Müller ist zwar parteilos, steht | |
der SPD aber nahe – und war nach seiner Zeit im Kabinett Schröder | |
Evonik-Vorstandschef, wo er das Modell der RAG-Stiftung erfand. | |
Derzeit signalisiert sogar der Finanzinvestor CVC, der neben der Stiftung | |
25 Prozent an Evonik hält, Zustimmung zur Absage des Börsengangs: „Ein so | |
hervorragendes Unternehmen wie Evonik darf nicht unter Wert verkauft | |
werden“, so eine CVC-Sprecherin zur taz. Langfristig aber bleibe ein | |
Verkauf das Ziel. | |
18 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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