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# taz.de -- EU-Visafreiheit für Türken: Freizügigkeit her, Flüchtlinge raus
> Der EU-Ministerrat gibt grünes Licht für Verhandlungen über visafreie
> Reisen von Türken in die EU. Die Türkei verpflichtet sich, bei der
> Flüchtlingsbekämpfung zu helfen.
Bild: Sollen nicht in die EU gelangen: Syrische Flüchtlinge in der Türkei.
ISTANBUL taz | „Dies ist ein historischer Moment“, freute sich der
türkische Außenminister Ahmet Davutoglu. „Nach bald 50 Jahren schwierigem
Visaregime werden türkische Staatsbürger demnächst frei in die EU-Staaten
reisen können.“
Anlass für Davutoglus Freude ist die Unterzeichnung eines Dokuments in
Brüssel, mit dem der EU-Ministerrat die Kommission beauftragt, mit der
Türkei Verhandlungen über visafreien Reiseverkehr aufzunehmen. Jahrelang
hat die türkische Regierung darauf gedrängt, vor allem, nachdem 2005 die
Beitrittsgespräche auch formal aufgenommen worden waren und Ankara mit
ansehen musste, wie diverse Balkanstaaten in der Visafrage an ihnen
vorbeizogen.
Was Davutoglu nicht so deutlich sagte, ist, dass dem Durchbruch ein Deal
auf Kosten Dritter zugrunde liegt. Im Gegenzug für die in Aussicht
gestellten Erleichterungen für die Einreise türkischer Staatsbürger in die
EU muss die Türkei sich verpflichten, zukünftig stärker mit der EU bei dem
„Kampf gegen die illegale Einreise von Flüchtlingen“ zu kooperieren.
Im Klartext heißt das: Türkische Polizei und Militär müssen mit Frontex
gemeinsam Flüchtlinge aus aller Welt, die jetzt von der Türkei aus ohne
Papiere nach Griechenland einreisen, abfangen und in Lager stecken, bevor
sie EU-Territorium erreichen. Diejenigen Flüchtlinge, die es dennoch von
der Türkei in die EU schaffen, muss sie „zurücknehmen“.
## 85 Prozent der "illegalen" Flüchtlinge kommen über die Türkei
Die EU, insbesondere Deutschland und Frankreich hatten sich in den
vergangenen Jahren immer verweigert, wenn die Türkei nach
Reiseerleichterungen für ihre Bürger gefragt hat. Die zunehmende Einreise
von Flüchtlingen nach Griechenland – 85 Prozent aller „illegalen
Flüchtlinge“ kommen derzeit über die türkisch-griechische Grenze – und d…
Regierungswechsel in Frankreich haben jetzt die Wende gebracht.
Offenbar hat der neue französische Präsident François Hollande grünes Licht
für die Visaverhandlungen gegeben. Daraufhin war Ankara bereit, das
Flüchtlingsrücknahmeabkommen zu akzeptieren. Allerdings ist es noch nicht
unterschrieben. Dass soll erst passieren, wenn die EU eine konkrete Roadmap
für den Weg zur Visafreiheit vorlegt. Damit wird nun im Herbst gerechnet.
Für die Verhandlungen über die Visaerleichterungen rechnet Brüssel
insgesamt mit mindestens drei Jahren. Erst dann dürfte auch die
polizeiliche Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Frontex in vollem
Umfang stattfinden.
22 Jun 2012
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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