# taz.de -- Göttingens Uni-Präsidentin: "Wir nehmen es sportlich" | |
> Präsidentin Ulrike Beisiegel über das Scheitern der Göttinger | |
> Georg-August-Universität bei der Exzellenzinitiative des Bundes. | |
Bild: Nur noch Uni, nicht mehr exzellent: Göttingens Alma mater. | |
taz: Frau Beisiegel, wie haben Sie das Scheitern bei der | |
[1][Exzellenzinitiative] in den letzten Tagen verarbeitet? | |
Ulrike Beisiegel: Wir waren am Anfang einen Moment lang enttäuscht, aber | |
jetzt nehmen wir es sportlich und werden unser [2][Konzept], das von den | |
Gutachtern als sehr gut bewertet worden ist, trotzdem umsetzen. Wir müssen | |
uns nun an anderen Stellen Mittel besorgen und umstrukturieren. | |
Wissen Sie jetzt schon die genauen Gründe, warum das Zukunftskonzept | |
gescheitert ist? | |
Nein, das bekommen wir erst Mitte Juli mitgeteilt. | |
Die niedersächsische Wissenschaftsministerin Wanka beurteilt das neue | |
Göttinger Zukunftskonzept als exzellent und pioniermäßig. Kritisiert wurde | |
letztendlich die Umsetzung des letzten Zukunftskonzeptes. Hier hätte sich | |
der Wissenschaftsrat mehr gewünscht. | |
Alles, was im alten Konzept umgesetzt werden sollte, wurde auch umgesetzt. | |
Insofern kann ich die Kritik nur bedingt verstehen. Aber wir sind in einem | |
Wettbewerb, und es kann sein, dass wir das Ziel zu 100 Prozent, die anderen | |
jedoch zu 120 Prozent erfüllt haben. Das könnte ein Grund gewesen sein. | |
Bei der Bekanntgabe des Scheiterns in der Alten Aula haben Sie sich | |
kämpferisch gegeben. Herrscht nun eine gewisse Jetzt-erst-recht-Stimmung | |
vor? | |
Ja, ganz klar. Nicht nur bei mir, sondern in der ganzen Universität. Wir | |
haben in unserem Konzept innovative Komponenten, unter anderem die | |
akademische Sammlungen mit dem Konzept des Wissenshauses und den Ausbau der | |
digitalen Forschungsstrukturen. Wir müssen jetzt natürlich noch | |
konzentrierter arbeiten, auch besser planen als die anderen Universitäten, | |
aber so können wir durchaus in der Oberliga bleiben. | |
Ist das Land Niedersachsen jetzt besonders in der Pflicht, die Universität | |
Göttingen zu unterstützen? | |
Das Land hat gesehen, dass unser Konzept sehr gut ist. Da Niedersachsen als | |
Wissenschaftsstandort weiterhin vorangebracht werden soll, werden wir, | |
genauso wie die anderen niedersächsischen Universitäten, die gute Konzepte | |
haben, sicher intensiv unterstützt. | |
Wie versuchen Sie jetzt die fehlenden 60 Millionen zu kompensieren? | |
Wir haben eine Auslauffinanzierung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft | |
(DFG) und vom Land. Dazu haben wir eine gute finanzielle Planung, in der | |
ein Scheitern einkalkuliert ist. Keine der laufenden Maßnahmen muss | |
abgebrochen werden. Wir werden uns außerdem erneut dem Wettbewerb um | |
Fördergelder stellen. | |
Sie erwähnen zum wiederholten Male den Wettbewerb, in dem Sie sich | |
befinden. Es wird kritisiert, dass dies zu einer elitären Selektion führen | |
kann. | |
Die kann entstehen, man kann sie auch punktuell beobachten. Aber in | |
Göttingen ist sie nicht entstanden. Die Exzellenzinitiative hat sich | |
vielmehr deutlich auf die Studierenden ausgewirkt, auch wenn die es nicht | |
sofort realisieren. Wir haben 27 neue JuniorprofessorInnen, die alle nach | |
Einschätzung der Studierenden sehr gut lehren. Zu unserem Exzellenzkonzept | |
gehört ganz explizit die Lehre. | |
Da sprechen Sie einen der Hauptkritikpunkte des Exzellenzwettbewerbes an. | |
Der Vorsitzende der Landeshochschulkonferenz, Professor Jürgen Hesselbach, | |
befand, dass die Studierenden flächendeckend die Verlierer des ganzen | |
Wettbewerbs seien. | |
Das sehe ich für Göttingen überhaupt nicht so. Unsere 27 neuen | |
JuniorprofessorInnen sind alle in der Lehre tätig, und auch die | |
Zusammenarbeit am Göttinger Research-Campus, der ebenfalls Teil der | |
Exzellenzinitiative ist, bringt Vorteile für die Lehre. Davon profitieren | |
die Studierenden. Wir haben nur einen Fehler gemacht: Viele Studierende | |
haben nicht gewusst, dass dies Teil der Exzellenzinitiative ist. | |
Kommunikationsstrategisch müssen wir uns deutlich bessern. | |
Eine Fortführung der Exzellenzinitiativen nach 2017 wird von Ministerin | |
Wanka abgelehnt. Sehen Sie auch das Exzellenzkonzept am Ende? | |
Ja. Das ganze Wissenschaftssystem muss nach 2017, dem Ende der | |
Förderlaufzeit, reformiert werden. Wir brauchen mehr Grundfinanzierung für | |
die Universitäten, wir brauchen insgesamt eine bessere Zusammenarbeit im | |
Wissenschaftssystem und wir brauchen Geld für neue Infrastrukturen. | |
Wie muss die Gewichtung von Lehre und Forschung aussehen? | |
Die Lehre muss noch höher bewertet werden, sie wurde lange Zeit | |
vernachlässigt. Es sind zwei gleichwertige Strukturen, die ganz eng | |
miteinander vernetzt sein müssen. Wir müssen in beidem exzellent sein. | |
23 Jun 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bmbf.de/1321.php | |
[2] http://www.uni-goettingen.de/de/86293.html | |
## AUTOREN | |
Christopher Piltz | |
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