# taz.de -- Schließung von Studentenwohnheimen: Schluss mit Kuschel-WGs | |
> Das Göttinger Studentenwerk setzt künftig auf Massenunterbringung - aus | |
> Kostengründen. Kleine Unterkünfte sollen geschlossen werden, die Stadt | |
> will verkaufen. | |
Bild: Protest gegen den Verkauf: Die Studenten-Villa in der Bühlstraße. | |
GÖTTINGEN taz | Die Bühlstraße in Göttingen ist ein Ort mit Tradition: | |
Gemütliche Fachwerkhäuser vom Ende des 19. Jahrhunderts. Walter Nernst hat | |
hier mal gelebt, der 1920 für seine Arbeiten in der Thermochemie den | |
Nobelpreis bekam. Eigentlich ein guter Ort für den akademischen Nachwuchs, | |
der ein paar Häuser weiter, in der Nummer 28, nun auch schon gute 30 Jahre | |
wohnt. Doch damit wird bald Schluss sein. Das Studentenwerk will den | |
Vertrag mit der Stadt über die Nutzung des klitzekleinen Wohnheims nicht | |
verlängern. Und die hat das das Haus am Rande der Innenstadt nun auf eine | |
Liste von zehn Objekten gesetzt, die sie im Rahmen eines Sparprogramms | |
verkaufen will. | |
Anfang der achtziger Jahre hatte das Haus leer gestanden. Die Stadt stellte | |
es dem Studentenwerk kostenlos zur Verfügung. Lediglich zum Unterhalt | |
verpflichtete sich das Studentenwerk vertraglich. Dieser Pflicht ist es | |
offenbar nur teilweise nachgekommen. | |
Kaufen will es das Haus nun jedenfalls nicht – mit der Begründung, eine | |
weitere Bewirtschaftung des Hauses sei zu teuer, vor allem wegen | |
notwendiger Sanierungen von Fenstern, Heizung, Sanitäranlagen und Elektrik, | |
wie Geschäftsführer Jörg Magull sagt. „Dazu ist es mit nur sechs Plätzen | |
das kleinste Wohnheim.“ Die Geschäftsführung will sich langfristig von | |
kleineren Wohnheimen trennen. | |
Für die BewohnerInnen der Bühlstraße 28 kam die Entscheidung überraschend: | |
Erst Mitte Juni erfuhren sie durch einen Artikel im Göttinger Tageblatt von | |
dem geplanten Verkauf ihres Hauses. „Es war schon ein Schock für uns“, sagt | |
Paul Hildebrandt. Noch wenige Wochen vorher wurde einer Mitbewohnerin vom | |
Studentenwerk zugesichert, dass „wir uns keine Sorgen machen müssten, es | |
würde sich eine Lösung finden“. Über den geplanten Verkauf wurden die | |
BewohnerInnen da noch nicht informiert – obwohl bereits im November 2011 | |
erste Gespräche zwischen Stadt und Studentenwerk stattgefunden hatten. | |
Die Studierenden aus der Bühlstraße hoffen noch, dass dort weiterhin | |
Studenten wohnen können. „Wir suchen jetzt erst einmal eine Übergangslösung | |
und hoffen, dass uns die Stadt unterstützt“, sagt Paul Hildebrandt. Sie | |
wollen aber auch eine grundsätzliche Debatte darüber führen, wie die Stadt | |
mit „studentisch selbst verwaltetem Wohnraum“ umgeht. | |
Denn der Verkauf des kleinsten Göttinger Studentenwohnheims ist kein | |
Einzelfall. Das Studentenwerk will die Kosten pro Wohnplatz so gering wie | |
möglich halten. „Und Wohnheime sind erst ab 200 Plätze aufwärts | |
wirtschaftlich“, sagt Geschäftsführer Magull. „Wir haben ganz klare | |
Richtlinien und sind an der Bewirtschaftung solcher kleinen Häuser nicht | |
mehr interessiert.“ | |
Magull schließt nicht aus, dass das Studentenwerk sich von weiteren kleinen | |
Heimen trennt. Studentische Vertreter im Vorstand teilen nach | |
taz-Informationen diese Auffassung jedoch nicht. Sie schließen die | |
Bewirtschaftung von kleineren Wohnheimen nicht aus. | |
4 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Christopher Piltz | |
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