| # taz.de -- Gema-Tarifreform: Clubs legen Protestsongs auf | |
| > Die Verwertungsgesellschaft Gema erhöht die Tarife für Musikveranstalter. | |
| > Vielen Berliner Clubs droht das Aus. Am Montagabend laden sie zu einer | |
| > Demo. | |
| Bild: Eine Club-Legende, die es mit den geplanten Gema-Tarifen vielleicht nie g… | |
| BERLIN taz | Clubbetreiber Lars Döring ist wütend: „Wenn die neuen | |
| Gema-Tarife durchgesetzt werden, dann kann sich unser Club nicht mehr | |
| finanzieren. Wie denn auch?“ Döring ist einer der beiden Betreiber des | |
| Clubs Gretchen am Mehringdamm, früher gehörte ihm das Icon in Prenzlauer | |
| Berg. Er veranstaltet Tanzveranstaltungen mit DJs, aber auch zahlreiche | |
| Live-Konzerte. | |
| Grund seiner Verärgerung ist die für Anfang 2013 geplante Tarifreform der | |
| Verwertungsgesellschaft Gema. Döring befürchtet, dass deswegen 80 Prozent | |
| der Diskotheken und Clubs dichtmachen müssen. In Berlin werde ein ganzer | |
| Wirtschaftszweig zusammenbrechen – wegen eines Verwertungssystems, das | |
| ohnehin fragwürdig sei. | |
| Wie Döring geht es vielen Musikveranstaltern in Berlin. Sie müssen sich ab | |
| dem 1. Januar auf 400 bis 600 Prozent Tariferhöhungen für die | |
| Gema-Nutzungsrechte gefasst machen. Unter dem Motto „Gemeinsam gegen | |
| Gemainheiten“ findet am heutigen Montag die erste Demo in Berlin gegen die | |
| Tarifreform statt: vor der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg, wo sich zur | |
| gleichen Zeit Gema-Mitglieder zum Sommerfest treffen. | |
| Die Verwertungsgesellschaft Gema vertritt die Urheberrechte von rund 64.000 | |
| Mitgliedern, darunter Komponisten, Autoren und Musikverleger. Sie erhebt | |
| Gebühren für jede Form der Aufführung von Werken ihrer Mitglieder. Da der | |
| Vertrag, der die Tarife für Musikveranstalter festlegt, Ende Dezember | |
| ausläuft, hatte die Gesellschaft neue Vergütungssätze angekündigt. | |
| ## „Realistisches Level“ | |
| Statt der bisherigen elf Tarifstufen wird es nur noch zwei geben, viele | |
| Clubs fühlen sich deswegen ungerecht behandelt. Zudem richten sich die | |
| Vergütungssätze nach der Größe des bespielten Raumes, die nur in | |
| 100-Quadratmeter-Schritten erfasst wird. Auch hier sehen sich kleine und | |
| mittlere Clubs benachteiligt. | |
| Die Gema begründet ihre Reform damit, dass die Tarife bisher zu niedrig | |
| gewesen seien; sie sollen nun auf ein „realistisches Level“ gebracht | |
| werden. In Italien beispielsweise sei es seit Langem üblich, dass | |
| Diskotheken 10 Prozent ihrer Eintrittsgelder an eine | |
| Musikverwertungsgesellschaft abgeben, sagt Frank Dostal, stellvertretender | |
| Vorsitzender des Gema-Aufsichtsrates. | |
| Er hat kein Verständnis für die Proteste: „Es gibt Diskotheken, die machen | |
| am Abend 25.000 Euro an der Tür. Davon wollen wir stinkige 2.500. Wenn die | |
| Bierpreise steigen, machen die dann eine PR-Kampagne gegen den | |
| Bierlieferanten? Nein, die zahlen das einfach.“ Dostal versichert, dass | |
| kleinere Veranstalter, die rund 60 Prozent der Vertragspartner der Gema | |
| darstellen, durch die Tarifreform künftig weniger oder zumindest nicht mehr | |
| als bisher bezahlen müssten. | |
| ## Je länger, je teurer | |
| Olaf Möller, Vorsitzender der Berliner Clubcommission, bezeichnet diese | |
| Aussage als „sachlich falsch“. Die Clubcommission versteht sich als | |
| Zusammenschluss von Club-, Party- und Kulturereignisveranstaltern und zählt | |
| mehr als 100 Mitglieder. Ab Januar würden sich die Gema-Grundtarife für | |
| Clubs in den meisten Fällen erhöhen, berichtet Möller. | |
| Und: Die Gema verschweige bei ihren Rechnungen ihre Zeitzuschläge. Wenn | |
| eine Veranstaltung, bei der Gema-pflichtige Musik gespielt wird, länger als | |
| fünf Stunden dauert, dann erhöhe sich der Tarif um 50 Prozent und alle drei | |
| Stunden um weitere 50 Prozent. Für gewöhnlich lange Afterhour-Partys wären | |
| mit diesen Auflagen kaum mehr denkbar, sagt Möller. | |
| In Berlin begehrt nicht nur der Gretchen-Club gegen die Tarifveränderung | |
| auf. Zahlreiche weitere erste Adressen der Nacht sehen sich vor dem Aus, | |
| zum Beispiel das Schwuz am Mehringdamm und das Watergate an der | |
| Oberbaumbrücke. Und selbst Berlins international bekanntester Club Berghain | |
| will zum Ende des Jahres schließen, sollten die Tariferhöhungen nicht | |
| gestoppt werden, berichtet Olaf Möller. | |
| Die Landespolitik hat die schwierige Lage bereits erkannt: Im | |
| Abgeordnetenhaus wurde vor Kurzem ein Dringlichkeitsantrag, der Maß und | |
| Transparenz bei den Gebührenerhöhungen der Gema fordert, von allen | |
| Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet. „Noch nie habe ich es erlebt, dass | |
| einstimmig zugunsten der Clubszene entschieden wurde“, sagt Möller | |
| erstaunt. | |
| Das Deutsche Patent- und Markenamt prüft derweil im Rahmen eines | |
| Schiedsverfahrens die Rechtmäßigkeit der neuen Tarife. Bis ein Ergebnis | |
| vorliegt, wollen die Betroffenen – Musikveranstalter und viele Clubgänger – | |
| Flagge zeigen. Am Montag übrigens komplett mit Gema-freier Musik. | |
| ## ■ Demo gegen die Gema-Tarifreform, 18 Uhr, Schönhauser Allee, Prenzlauer | |
| Berg, auf Höhe der Kulturbrauerei. 2.000 Teilnehmer werden erwartet. | |
| 24 Jun 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Fatma Aydemir | |
| Fatma Aydemir | |
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