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# taz.de -- Kommentar Merkels Regierungserklärung: Eurobonds oder Tod
> Die Kanzlerin hat ihre Position in der Eurokrise schon oft revidiert.
> Immer zu spät. Jetzt will sie in Sachen Eurobonds hart bleiben. Die Folge
> wäre katastrophal.
Bild: Frisch voran: Beim Thema Eurobonds will die Kanzlerin hart bleiben.
Angela Merkel ist das Pathetische fremd. Ihre Macht verdankt sie kühler
Risikoabschätzung und einer Art radikalem Pragmatismus, der von
Opportunismus kaum zu unterscheiden ist. Ihr Schwur, dass es keine
Eurobonds geben wird, solange sie lebe, passt nicht zur Kanzlerin.
Er klingt einfach zu gesinnungsschwer, zu dröhnend und liegt quer zu ihrer
skeptischen Distanz zu allem Bekenntnishaften. Offenbar ist diese
Dramatisierungsrhetorik ein Anzeichen von um sich greifender Panik. Denn
so, wie Schwarz-Gelb es will und immer wieder verspricht, wird sich die
Eurokrise nicht lösen lassen. Und alles, was eine Lösung wäre, will
Schwarz-Gelb nicht.
Für die Kanzlerin hat die Eurokrise einfache Ursachen: Spanien, Irland,
Italien et al. sind nicht wettbewerbsfähig und haben zu viele Schulden
gemacht. Wenn Madrid, Lissabon und Rom nur ordentlich sparen und Märkte
deregulieren, dann wird sich die Eurokrise irgendwann in Luft auflösen.
Kurzum: Die EU soll so werden wie Deutschland – lauter Exportnationen mit
niedrigen Löhnen und flexiblen Märkten. Das ist ökonomisch Unfug, aber so
sieht Merkel es seit Jahren, so sagte sie es auch am Mittwoch im Bundestag.
Allerdings hat sich die Lage dramatisch verändert. In Spanien produziert
die Industrie wegen des Sparkurses 8 Prozent weniger. Italien steckt in
einer Rezession. Was droht, ist ein Teufelskreis aus Sparen und Schrumpfen.
Gleichzeitig sind die Zinsen für Spanien und Italien in die Höhe
geschossen. Der Euro kann nicht funktionieren, wenn sich Deutschland für 0
Prozent Geld leihen kann, Spanien und Italien aber 7 Prozent Zinsen zahlen
müssen.
Bislang hat sich Deutschland in der EU meistens durchgesetzt. Merkel hat
mit dem Fiskalpakt die Schuldenbremse europäisiert. Doch die deutsche
Vorherrschaft wankt. Nicht weil François Hollande so links ist, sondern
weil die Berliner Betonhaltung Italien und Spanien zu ruinieren droht. Auch
Neoliberale wie EZB-Chef Draghi und EU-Präsident Barroso plädieren
angesichts des potenziellen Desasters für kollektive Schulden. Doch
Deutschland mauert. Es wird in Brüssel einsam um Merkel.
Die Kanzlerin hat ihre Position in der Eurokrise schon oft revidiert. Immer
auf Druck, immer zu spät. Doch jetzt will sie hart bleiben. Es wäre das
erste Mal, dass sie das Gesinnungsfeste dem Situativen, Pragmatischen
vorzieht. Die Folge wäre katastrophal: der Tod des Euro.
28 Jun 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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