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# taz.de -- Reaktionen auf Satz der Bundeskanzlerin: Bond jagt Dr. Merkel
> Eine flapsige Bemerkung der Kanzlerin zieht ihre Kreise. Die Opposition
> hält die Ablehnung der Eurobonds „solange ich am Leben bin“ für völlig
> unangemessen.
Bild: Schluckt wahrscheinlich grad einen Scherz runter: Angela Merkel kurz vor …
BERLIN dpa | Unmittelbar vor dem EU-Gipfel hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) mit ihrer dezidierten Ablehnung von Eurobonds für Wirbel
gesorgt. Merkel sagte am Dienstagabend vor der FDP-Bundestagsfraktion nach
Angaben von Teilnehmern, Eurobonds als gemeinschaftliche Haftung für
Schulden von EU-Ländern werde es nicht geben, „solange ich am Leben bin“.
Den Darstellungen aus der FDP-Fraktion zufolge war diese Aussage aber eher
flapsig und locker gemeint. Die liberalen Abgeordneten hätten Merkel „ein
langes Leben“ gewünscht.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin:
„Frau Merkel ist noch ein Jahr im Amt, da muss sie gar nicht in so weiten
Perspektiven denken.“ Außerdem lägen schon heute Staatsanleihen von
Krisenländern in der Größenordnung von 300 Milliarden Euro bei der
Europäischen Zentralbank. „Gemeinschaftliche Haftung gibt es schon, obwohl
Frau Merkel sichtbar noch lebt. Deshalb sollte man sich solche dummen Sätze
eher sparen“, sagte Trittin.
Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion,
Thomas Oppermann. „Das sind letztlich Polarisierungen, die uns nicht weiter
helfen. Dieses Krisenmanagement ist eine reine Katastrophe.“
## Futter für den Koalitionspartner
Am Mittwochvormittag billigte der federführende Haushaltsausschuss des
Bundestages den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt. Der
CDU-Mittelstandspolitiker Josef Schlarmann empfahl im Deutschlandfunk den
Unionsabgeordneten die Ablehnung des ESM.
Merkel warb am Dienstag bei den Regierungsfraktionen von Union und FDP für
die am Freitagabend nach dem EU-Gipfel anstehenden Abstimmungen über den
Fiskalpakt und den ESM. Es ist bezeichnend, dass sich die Kanzlerin gerade
vor der FDP-Fraktion in dieser Weise zu Eurobonds äußerte – die Liberalen
lehnen Eurobonds vehement ab.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Wissing machte im
Südwestrundfunk deutlich, man stehe bei dem Thema hinter der Kanzlerin. „Es
darf nicht sein, dass deutsche Steuerzahler für die Schulden anderer Länder
gerade stehen. Wenn es dazu kommen würde, wäre die Akzeptanz Europas auf
Dauer beendet.“
## Merkel belastet den Markt
An der New Yorker Börse zeigten sich Marktteilnehmer vor dem am Donnerstag
beginnenden EU-Gipfel skeptisch hinsichtlich substanzieller Fortschritte
bei der Lösung der europäischen Schuldenkrise. In diesem Zusammenhang habe
auch die Aussage von Merkel den Markt belastet, hieß es.
Merkel wollte am Mittag im Bundestag eine Regierungserklärung zum EU-Gipfel
am Donnerstag und Freitag in Brüssel abgeben. Die Aussage der Kanzlerin
dürfte auch Thema in der anschließenden Aussprache sein. Am frühen Abend
fliegt die Kanzlerin Merkel zu einem Treffen mit Frankreichs Präsidenten
François Hollande nach Paris. Auch dieser Termin dient der Vorbereitung des
EU-Gipfels.
Hollande setzt sich vor allem für ein umfassendes Wachstumspaket ein, mit
dem Investitionen und Beschäftigung in der Eurozone finanziert werden
sollen. Beim Thema Eurobonds hatte Hollande zuletzt nicht mehr so vehement
seine Position verfochten.
## Die europäische Integration vorantreiben
Merkel hat auch Bedenken gegen ein Papier von EU-Ratspräsident Herman Van
Rompuy, der zur Bekämpfung der Krise eine weitere Einschränkung nationaler
Souveränitätsrechte zugunsten der europäischen Institutionen gefordert hat.
Berlin verlangt, vor einer gemeinsamen Haftung zunächst die europäische
Integration voranzutreiben.
Van Rompuy rief die Staats- und Regierungschefs der EU auf, beim Gipfel
Entschlossenheit im Kampf gegen die Finanz- und Eurokrise zu zeigen. „Mehr
denn je zuvor muss der Gipfel in einer klaren und konkreten Weise zeigen,
dass wir alles Nötige als Antwort auf die Krise tun“, heißt es in dem am
Mittwoch veröffentlichten Einladungsschreiben Van Rompuys.
Schon am Donnerstag solle der Wachstumspakt beschlossen werden, der
Ausgaben in Höhe von 130 Milliarden Euro vorsieht. Über einen Vorschlag,
die europäische Integration voranzutreiben, nationale Kompetenzen
einzuschränken und auch gemeinsame Schulden machen zu können, werde nicht
entschieden. Allerdings müsse sich der Gipfel über das weitere Verfahren
bei der Diskussion einigen.
27 Jun 2012
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