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# taz.de -- Geld so billig wie nie zuvor: Zwergenzins soll Europa retten
> Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins für die Euro-Zone auf
> einen neuen Tiefststand. Das kommt Banken in Südeuropa zugute. Ökonomen
> sehen eher eine Symbolwirkung.
Bild: EZB-Präsident mit bester Laune: Mario Draghi.
BERLIN taz | Das Geld im Euroraum ist jetzt so billig wie nie - zumindest
für Banken: Erstmals seit Einführung des Euro 1999 fällt der Leitzins unter
ein Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine
Zinssenkung um 0,25 Punkte auf 0,75 Prozent.
Mit dem radikalen geldpolitischen Schritt wollen die Zentralbanker die
strauchelnde Wirtschaft in der Eurozone ankurbeln und ein Signal der
Handlungsbereitschaft setzen. Der Leitzins ist der Satz, zu dem Banken sich
bei der EZB Geld leihen können, er bildet damit eine Art Untergrenze für
alle Kredite in der Eurozone. Da die Banken die Leitzinsen gewöhnlich an
ihre Kunden weiterreichen, bringen Minizinsen die Kauflaune in Schwung.
EZB-Präsident Mario Draghi sagte in Frankfurt, er sehe erhebliche Risiken
für die Konjunktur in den 17 Eurostaaten. Seit dem Amtsantritt des
Italieners im November 2011 hat die Notenbank ihren Leitzins halbiert. Die
Zinsen auf Rekordtief sollen vor allem den schwächelnden Südländern und
ihren klammen Banken entgegenkommen.
Die Konjunktur anschieben wollen die Währungshüter auch mit einer weiteren
Maßnahme: Der mit 0,25 Prozent bereits extrem niedrigen Zins für
Übernachteinlagen bei der EZB liegt künftig bei null Prozent. Damit lohnt
es sich für Banken überhaupt nicht mehr, Milliarden kurzfristig bei der
Notenbank zu parken.
Ob diese Mechanismen auch jetzt - bereits geringe Zinsen und schwächelnde
Konjunktur - noch wirken, ist fraglich: „In der Realwirtschaft ist die
Unsicherheit so groß, dass eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt
keinen Investitionsboom auslösen wird“, sagt Torsten Schmidt vom
Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung.
## Signal vor dem EU-Gipfel
Andere halten die Symbolkraft der Aktion für wichtig: „Die EZB zeigt kurz
nach dem EU-Gipfel, dass an ihr die Sanierung der Eurozone nicht scheitern
wird“, sagte Kapitalmarktexperte Robert Halver von der Baader Bank. Für
ähnlich gering halten Experten die Auswirkungen des Zinsschritts auf
Kleinsparer und Kreditnehmer: Die ohnehin geringen Zinsen dürften kaum noch
sinken, Dispokredite für Schuldner nur etwas günstiger werden.
Völlig einig sind sich dagegen 160 Wirtschaftswissenschaftler bei ihrer
Kritik an den Beschlüssen des EU-Gipfels in der vergangenen Woche. In einem
gemeinsamen Schreiben sehen die Ökonomen „den Schritt in die Bankenunion,
die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems
bedeutet, mit großer Sorge“.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte umgehend: Sie sei keine
Verpflichtungen „eingegangen, die über das hinausgehen, was wir vertraglich
bisher vereinbart haben“. Ihr gehe es um die neue europäische
Bankenaufsicht.
5 Jul 2012
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Besser
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