# taz.de -- Bundestagsdebatte zum Betreuungsgeld: Erste Lesung im zweiten Anlauf | |
> Diesmal hat es geklappt: Beim zweiten Versuch waren genügend Abgeordnete | |
> da, um über das Betreuungsgeld zu diskutieren. Und diskutiert wurde | |
> heftig. | |
Bild: Kristina Schröder und ein kritisches Schaubild zum Betreuungsgeld. | |
BERLIN taz | Nochmal, das war klar, sollte das nicht vorkommen. Am | |
Donnerstagmorgen waren nahezu alle Bundestagsabgeordneten anwesend, um in | |
erster Lesung den Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld zu diskutieren. | |
Vor anderthalb Wochen musste die Sitzung mangels Abgeordneten geschlossen | |
werden – eine Art Abstimmung mit den Füßen über die Pläne von Schwarz-Gel… | |
Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause zu betreuen, ab 2013 monatlich 100 | |
Euro, ab 2014 dann 150 Euro Betreuungsgeld zu zahlen. | |
Diesmal ist auch die Ministerin da. Und – obwohl dies der Tag des | |
EU-Gipfels ist – sogar die Kanzlerin. Beide, so sie nicht ihre Smartphones | |
oder Akten studierten, mussten sich harsche Kritik anhören. Der | |
Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld, so die SPD-Abgeordnete Dagmar Ziegler, | |
habe „eine besondere Qualität – nämlich gar keine“. Deshalb habe die | |
Koalition in dieser Frage auch keine eigene Mehrheit. | |
Diana Golze von der Linkspartei schimpfte über „Nebenabsprachen und Deals, | |
mit denen die Stimmen der Kritiker gekauft werden“. Die Bundesregierung | |
solle das Geld, 1,2 Milliarden Euro bis Ende 2013, lieber in den Kitaausbau | |
stecken. „Warum“, sagte Golze, „müssen die einen Kitagebühren zahlen und | |
die anderen kriegen Taschengeld?“ | |
Die Familienministerin kofferte kräftig zurück. Kristina Schröder warf der | |
Opposition vor, „hunderttausende Eltern“ zu beleidigen. „Wer sein Kind mit | |
einem Jahr in die Kita gibt, ist nicht herzlos. Und wer es zu Hause | |
erzieht, ist nicht hirnlos.“ Sie forderte die Opposition auf, „das | |
Schlachtfeld des ideologischen Kulturkampfes zu verlassen“. Schröders | |
Auftritt, konterte Caren Marks, familienpolitische Sprecherin der SPD, sei | |
„unverschämt“. Der Union sei es lieber, die Kinder würden von nicht | |
Nachbarinnen und Aupairs betreut, als von Fachkräften. | |
Und was sagte der Koalitionspartner? Erstaunliches. Die FDP-Abgeordnete | |
Sibylle Laurischk, Vorsitzenden des Familien-Ausschusses, bezeichnete das | |
Betreuungsgeld als „ein wenig überzeugendes Taschengeld“ für Frauen, die | |
wegen 150 Euro zu Hause blieben, statt sich ihrem Beruf zu widmen. Im | |
Übrigen zweifele sie an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs. | |
Laurischks Fraktionskollegin, die familienpolitische Sprecherin Miriam | |
Gruß, sagte, wer eine „Sozialleistung auf Pump“ einführe, müsse prüfen,… | |
sinnvoll das sei. „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.“ Die | |
zweite Lesung des Gesetzentwurfs ist für die Zeit nach der | |
parlamentarischen Sommerpause geplant. | |
28 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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