# taz.de -- Ölembargo gegen den Iran: Das Kilo Äpfel für 4,20 Euro | |
> Die Armen werden ärmer, der Mittelstand bewegt sich am Abgrund: Das | |
> Ölembargo der EU dürfte den Iran schwer treffen. Die Iraner kämpfen | |
> ohnehin mit steigenden Preisen. | |
Bild: Der Preis für Blattgemüse hat sich teilweise mehr als verdoppelt. Marks… | |
BERLIN taz | Ab 1. Juli tritt das von der EU beschlossene Ölembargo gegen | |
den Iran in Kraft. Der Beschluss soll „ohne Ausnahme“ umgesetzt werden, | |
sagte ein Diplomat jüngst in Brüssel. Selbst Länder wie Griechenland, das | |
25 Prozent seines Ölbedarfs zu günstigen Preisen aus dem Iran bezieht, | |
haben erklärt, dass sie sich daran halten werden. | |
Die EU bezog 2010 lediglich 5,7 Prozent ihres Ölbedarfs aus der Islamischen | |
Republik. Das fehlende Öl soll nun aus anderen Ölstaaten des Nahen Ostens, | |
vor allem aus Saudi-Arabien, ersetzt werden. | |
Der Iran exportiert zwar den Hauptteil seines Öls in die ostasiatischen | |
Staaten wie China, Japan, Südkorea und Indien. Das Problem ist aber, dass | |
gleichzeitig mit dem Boykott europäische Versicherungsunternehmen Öltanker, | |
die das iranische Öl transportieren, nicht mehr versichern. So hat Südkorea | |
am Dienstag erklärt, das Land werde seine Ölimporte aus dem Iran gänzlich | |
einstellen. Denn es sei von europäischen Versicherern abhängig. | |
Das Ölembargo wird der iranischen Wirtschaft, die sich ohnehin in einer | |
tiefen Krise befindet, einen weiteren Schlag versetzen. Laut jüngsten | |
Statistiken haben sich die Preise für Grundnahrungsmittel innerhalb eines | |
Jahres zum Teil mehr als verdoppelt. Während ein Kilo Blattgemüse im Juni | |
vergangenen Jahres 592 Tuman (circa 0,40 Euro) kostete, liegt der Preis im | |
laufenden Monat bei 1.448 Tuman. Der Preis für ein Kilo Gurken erhöhte sich | |
im selben Zeitraum von 754 auf 1.456 Tuman, der für Bohnen von 2.706 auf | |
4.289 Tuman und der für Äpfel von 3.355 auf 6.979 Tuman (circa 4,20 Euro). | |
## „Wir leben isoliert und einsam“ | |
Im Iran sind die Armen noch ärmer geworden, und der Mittelstand befindet | |
sich am Rand des Abgrunds. „Wir können uns nichts mehr leisten, obwohl mein | |
Mann und ich voll arbeiten“, sagte eine Lehrerin, deren Mann staatlicher | |
Angestellter ist. „Unser Lebensniveau ist stark gesunken, wir können nicht | |
ausgehen, niemanden einladen und werden auch nicht eingeladen. Wir leben | |
isoliert und einsam.“ | |
Einige hochrangige Geistliche in der heiligen Stadt Ghom zeigten sich | |
kürzlich in einem Schreiben an die Regierung „äußerst besorgt“ über die | |
hohe Inflation. „Nachrichten und Berichte der letzten Monate zeugen von | |
einer rapiden Teuerung, was zur landesweiten Unzufriedenheit in der | |
Bevölkerung geführt hat“, erklärten die Würdenträger. | |
Die wirtschaftliche Katastrophe ist nicht nur Folge von Sanktionen, sondern | |
auch der Misswirtschaft und Korruption. In den vergangenen zwei Jahren | |
mussten zahlreiche Fabriken schließen, weil sie ihre Arbeiter nicht mehr | |
bezahlen konnten. | |
## Billigware aus Asien | |
Der iranische Markt ist heute überfüllt mit Billigwaren aus asiatischen | |
Ländern. Laut offiziellen Angaben betrug allein der Wert des Gesamtimports | |
aus China 2011 rund 45 Milliarden Dollar. Von Reißnägeln bis Grabsteinen, | |
von Tomaten bis Orangen und Bohnen, alles stammt aus China. Dieser hohe | |
Import schädigt die einheimische Landwirtschaft wie die Industrie. | |
Ein Grund für die hohe Importquote ist der Boykott iranischer Banken. Den | |
Banken ist jeder legale Weg für Geldtransaktionen versperrt. Die Folge ist, | |
dass die Abnehmerländer des iranischen Öls den Preis nur in eigener Währung | |
zahlen können, mit denen Iran nur Waren des jeweiligen Landes kaufen kann. | |
30 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Iran | |
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