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# taz.de -- Manipulation bei britischen Banken: Rücktritt in Liborgate-Affäre
> Nach einer Rekordstrafe wegen versuchter Zinsmanipulation muss der
> Aufsichtsratschef der Großbank Barclays gehen. Weitere werden wohl
> folgen.
Bild: Ganz oben ist ein Büro frei geworden: Hauptsitz von Barclays im Londoner…
DUBLIN taz | Der Aufsichtsratschef der britischen Großbank Barclays, Marcus
Agius, ist am Montag zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenzen aus dem
Skandal um die Manipulation von Zinsen im Interbankenverkehr, der vorige
Woche ans Licht gekommen ist.
Barclays muss die Rekordsumme von 290 Millionen Britischen Pfund (rund 397
Millionen Euro) an die Finanzaufsichtsbehörden der USA und Großbritanniens
sowie an das US-Justizministerium zahlen – als Strafe dafür, dass die Bank
den sogenannten Libor manipuliert hat.
„Als Aufsichtsratschef bin ich der höchste Wächter über den Ruf der Bank�…
sagte Agius. „Daher übernehme ich die Verantwortung und werde gehen.“
Der Libor – die Abkürzung für „London Interbank Offer Rate“ – ist das
britische Gegenstück zum Eurozonen-Zinssatz Euribor: Er ist der Satz, zu
dem sich Banken am Finanzplatz London untereinander Geld leihen. Damit
beeinflusst er unter anderem wiederum, wie viel Zinsen die Banken von ihren
Kunden verlangen, und gilt auch als Richtwert für den Derivatehandel.
Insgesamt bildet er die Grundlage für Papiere mit einem Volumen von mehr
als 350 Billionen US-Dollar. So löst jede kleine Veränderung große
Schwankungen aus.
Festgelegt wird der Libor täglich vom Britischen Bankenverband BBA, der ihn
auch überwacht: Bis zu 19 Geldhäuser geben an, für welchen Zins sie sich in
einer Währung Geld bei anderen Banken leihen könnten, daraus wird dann ein
Durchschnittssatz entwickelt.
Der Libor gilt auch als Barometer für die Kreditwürdigkeit. Noch bevor sich
die Finanzkrise abzeichnete, so der Vorwurf der Ermittlungsbehörden, habe
Barclays beunruhigt festgestellt, dass ihr Zinssatz höher war als der
vergleichbarer Banken. Zwischen 2005 und 2009 soll die Bank deshalb falsche
Angaben gemacht haben, um höhere Handelsgewinne zu machen und die Kosten
für die Refinanzierung zu verschleiern. Andere Banken taten das damals
vermutlich längst. In Europa wie auch in den USA wird gegen insgesamt 19
Banken ermittelt, unter anderem gegen die Deutsche Bank.
## Explosive Aussage
Die britische Regierung leitete am Wochenende eine Untersuchung gegen
Barclays ein. Der nun zurückgetretene Aufsichtsratschef Agius muss am
Donnerstag vor einem Parlamentsausschuss aussagen, Vorstandschef Bob
Diamond ist schon einen Tag vorher dran. Seine Aussage vor dem Ausschuss
könnte explosiv sein. Denn dabei geht es auch um die Rolle der britschen
Notenbank.
Diamond behauptet, dass ihm der stellvertretende Gouverneur der Bank of
England, Paul Tucker, in einem Telefongespräch am 29. Oktober 2008 dazu
geraten habe, den Libor zu manipulieren. Ein Sprecher der Bank von England
erklärte, das sei „Unsinn“. „In dem Fall hätten wir das sehr ernst
genommen.“
Die Finanzaufsichtsbehörde schreibt in ihrem Bericht über die
Zinsmanipulationen von einem „Missverständnis“ zwischen Tucker und Diamond.
Anmerkung der Redaktion: Die Abkürzung Libor steht für „London Interbank
Offer Rate“, nicht für „London Interbank Offer Date“. Wir bitten, dies zu
entschuldigen.
2 Jul 2012
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Libor
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