# taz.de -- Das Piratencamp: Treffen im Real Life | |
> Auf einem Zeltplatz in Brandenburg führen der Bundesvorsitzende und die | |
> Basis der Piraten ein „Zwiegespräch“ – und geben dabei Einblicke in die | |
> Seele der Partei. | |
Bild: Alles so schön bunt hier! Piraten beim Zelten. | |
GROSS-BEHNITZ taz | Bernd Schlömer, der Parteivorsitzende, ist erst am | |
Sonntagmorgen angekommen. Auf Twitter konnte er schon lesen, dass die | |
anderen am Abend am Lagerfeuer saßen und die „AG Nacktbaden“ sich um 24 Uhr | |
am Klo traf. Und auch das: „Es wird wohl in 9 Monaten viele kleine | |
Piratenbabys geben.#dasCamp“. Piratenspaß. | |
Groß Behnitz, ein kleines Dorf im Havelland, eine Autostunde westlich von | |
Berlin. Felder, Windräder, Alleen – und an die 200 Piraten auf einem | |
Zeltplatz, ein Wochenende lang. #dasCamp, wie es twittertauglich genannt | |
wird, ist eine private Veranstaltung, keine der Partei, darauf legen die | |
Piraten wert. Deshalb war die Presse auch nur zu bestimmten Zeiten | |
zugelassen. | |
Trotzdem ist es kein reines Feriencamp, es geht auch um Inhalte: | |
Urheberrecht, „Postpostgender“, Gewaltfreie Kommunikation oder | |
„Prostitutionspolitik in Deutschland". Und am Sonntagnachmittag gibt es ein | |
„Zwiegespräch mit dem Parteivorsitzenden". „Was ist eigentlich der Kit, der | |
die Partei zusammenhält?“, das sei doch eine wichtige Frage, sagt Peter | |
Hollitzer, Basispirat aus Berlin, der den Programmpunkt vorbereitet hat. | |
Schlömer, 41, trägt Flipflops, Jeans, Schiebermütze. Seit Mai ist er | |
Bundesvorsitzender der Piratenpartei und hat als solcher – das betont er | |
einmal mehr – programmatisch nicht viel zu sagen. Er spricht von drei | |
Säulen der Partei: Liberalismus, Staatsskepsis, soziale Verantwortung. | |
Hollitzer und er sitzen vorne auf Klappstühlen in der Scheune, die zum | |
Veranstaltungssaal umgebaut wurde, die Basispiraten auf Bierbänken. Sie | |
geben Einblicke in die Seele der Partei. | |
Es geht um Fragen wie: Wieviel Professionalisierung ist nötig? Sollte nicht | |
Nachhaltigkeit eine Säule der Partei sein? Einer will „neutral“ als | |
prägendes Charakteristikum der Piraten einführen. | |
## Es geht um Mitbestimmung | |
Ein anderer Pirat berichtet von den Besuchern der Infostände, die eine | |
klare Antwort erwarteten: Was ist eigentlich euer Programm? Schlömer | |
entgegnet, seiner Erfahrung nach seien die Wähler nachsichtig, „wenn wir | |
nicht die umtimative Lösung für Schulden und europäische Probleme haben“. | |
Man müsse klarmachen, dass es um die Methode geht: um Mitbestimmung. | |
Mehr Beteiligungsrechte, das schwebt Schlömer auch als zentrales Thema für | |
den Bundestagswahlkampf 2013 vor. Immer zu sagen: „Wir haben keine | |
Meinung“, das sei keine gute Antwort mehr, sagt Schlömer. Besser: Die | |
Prozesse der Meinungsbildung erklären. | |
Ein Pirat beschwert sich über den rauen Wind in der Partei: „Man muss das | |
Ganze anders aufziehen, liebevoller.“ Er beobachtet auch einen | |
parteiinternen „Culture Clash“ zwischen den Netzaffinen und den | |
Nicht-Netzaffinen. Den Neulingen und denen, die alle Diskussionen schonmal | |
geführt haben. | |
Schlömer sagt, man müsse alles eben immer wieder von Null erklären. Gerade | |
auch im persönlichen Gespräch. Denn es gebe immer mehr Piraten „die gar | |
nicht mit einem technischen Anspruch in die Partei gehen“. Die vielleicht | |
gar nicht auf Twitter sind. Deshalb will Schlömer im September auch eine | |
Deutschlandreise beginnen, Piraten in zehn Städte besuchen. „Ein Treffen im | |
Real Life“, sagt Schlömer, „ist für eine digitale Partei von unschätzbar… | |
Wert“. | |
8 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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