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# taz.de -- Bauis schaffen Fakten: Zomia erobert Brammer-Areal
> Wilhelmsburger Bauwagengruppe wollte nicht länger warten und quartierte
> sich am Samstag in der Schanze ein. Pachtvertrags-Verhandlungen beginnen
> am Montag.
Bild: Neues Zomia-Domizil in der Schanze: das Brammer-Areal an der Max-Brauer-A…
Um 5.58 Uhr beginnt am Samstagmorgen ein neues Kapitel für den
Bauwagenplatz Zomia. Der erste Wohn-Truck mit einem umgebauten Bauwagen im
Schlepptau biegt aus nördlicher Richtung auf die sogenannte Brammer-Fläche
im Schanzenviertel ein. Zwei Frauen in schwarzen Tank-Tops springen aus den
Gefährten und ballen die Hand siegessicher nach oben zu Fäusten.
Eine Minute später folgt das zweite Gefährt aus dem Süden. Wenig später
biegt noch eine Zugmaschine der ehemaligen Nationalen Volksarmee mit einem
Bauwagen an der Anhängerkupplung ein. Flugs werden Tische und Stühle
aufgestellt.
Eine ältere Frau, die mit ihrem Hund auf der Max-Brauer-Allee Gassi geht,
verfolgt das Treiben genüsslich. „Oh, meine neuen Nachbarn“, murmelt sie
vor sich hin. Dann geht es Schlag auf Schlag. Fünf Wagen der Bauwagengruppe
Zomia sind eingezogen, verwandeln die triste Sandpiste der Brachfläche mit
rotem Sofa,Tisch, Sitzbänken und bei strahlenden Sonnenschein in ein neues
Zuhause. „Hier entsteht ein neuer Bauwagenplatz“, steht auf einem Schild an
der Einfahrt.
Der unangemeldete Umzug vom Behelfsplatz am Holstenkamp nach Altona hat für
die Gruppe gute Gründe: Die Politik soll endlich Handeln. Nachdem die
rot-grüne Mehrheit im Bezirk Altona den von der Räumung bedrohten
Wilhelmsburgern im November vorigen Jahres Asyl angeboten hat, ist entgegen
den Zusagen bislang wenig Konkretes passiert.
Mögliche Areale sind als untauglich verworfen worden. Und selbst die
Brammer-Fläche, die seit mehr als 20 Jahren brach liegt, war kein
Selbstgänger. Die SPD wollte diese Lösung nicht und musste erst von den
Grünen mit der Drohung, die Koalition aufzukündigen, dazu bewegt werden,
den Platz zu akzeptieren.
Trotz der politischen Entscheidung im Februar, Zomia das Brammer-Areal zur
Verfügung zu stellen, war der Weg mit Stolpersteinen belegt. Zum Einen
stellte sich heraus, dass die Fläche von dem Abschleppunternehmen
Aktiv-Transporte von der Stadt bis Ende Juni gepachtet worden war. Dann
wurden sich Zomia und die Finanzbehörde über den Pachtvertrag nicht einig,
weil die Behörde gewerbliche Mieten als Grundlage nehmen wollte und auf die
Vertragsvorschläge von Zomia-Anwalt Martin Klingner nicht reagierte.
„Unser Vorschlag bewegt sich auf dem Niveau anderer Plätze“, sagt ein
Zomia-Sprecher. „Er liegt pro Kopf zwar etwas niedriger, dafür zahlen wir
aber die Erschließungskosten selber.“ Zuletzt sprach gegen den Umzug die
angebliche Befürchtung der Behörden, auf dem Platz könnten Weltkriegsbomben
liegen.
Durch den spontanen Umzug sind nun am Samstag Fakten geschaffen worden.
Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose teilt per Handy der Zomia-Vermittlerin
Antje Möller von der GAL-Fraktion mit, dass er den Status quo akzeptiere
und Montag zum Gespräch bereitstehe. Und auch die Polizei zieht ab, obwohl,
wie der Einsatzleiter sagt, es hinter den Kulissen etwas „wuschig“ sei.
Mark Classen von der Altonaer Bezirks-SPD sichert alle Unterstützung zu und
die Sprecherin des Bürgerbegehrens für Wohnungsneubau empfehlt: „Ihr seid
willkommen, lasst euch hier nicht wieder vertreiben.“
8 Jul 2012
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Hamburg
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