# taz.de -- Konflikt in Syrien: Grausames Massaker in at-Trimsa | |
> Die syrische Armee soll mit Artillerie und aus der Luft ein kleines Dorf | |
> angegriffen haben. Zufahrtswege waren blockiert, es wird von regelrechtem | |
> „Abschlachtungen“ berichtet. | |
Bild: Das Regime sagt, es seien keine schweren Waffen zum Einsatz gekommen. Woh… | |
BERLIN taz | In der Syrischen Provinz Hama, im Dorf at-Trimsa, ist es nach | |
Angaben von Aktivisten und Menschenrechtsgruppen zu dem bislang | |
wahrscheinlich schlimmsten Massaker des [1][mittlerweile 16 Monate lang | |
dauernden Aufstandes] gekommen. „Die Regierungstruppen kamen im | |
Morgengrauen und überfielen das Dorf, weil sich zwei Einheiten der | |
Rebellenarmee dort aufhielten“, berichteten zwei Informanten in Syrien, die | |
anonym bleiben wollen, der taz. | |
Die staatliche Armee müsse Informationen über die Aufenthaltsorte der | |
Kämpfer der Free Syrian Army (FSA) erhalten und danach beschlossen haben, | |
das 7.000-Einwohner-Dorf den gesamten Donnerstag über mit schwerem | |
Artilleriegeschütz und aus der Luft anzugreifen, berichteten beide | |
Informanten unabhängig voneinander. Die beiden genannten sowie weitere | |
Quellen bestätigten den Einsatz von mit Maschinengewehren bestückten | |
Helikoptern durch die staatlichen Truppen, um die Rebellen und Zivilisten | |
zu töten. | |
Seit dem Beginn der Attacke am frühen Morgen versuchten Zivilisten zu | |
fliehen. Die Zufahrtswege nach at-Trimsa sollen da aber schon von der | |
staatlichen Shabiha-Miliz und von Bewohnern der umliegenden Dörfer – | |
hauptsächlich Alawiten – blockiert worden sein, so dass es zu „regelrechten | |
Abschlachtungen“ der flüchtenden sunnitischen Einwohner von at-Trimsa | |
gekommen sein soll. Aktivisten berichten von Leichen, von denen viele mit | |
durchgeschnittenen Kehlen oder auch gefesselt und exekutiert gefunden | |
worden seien. Sie seien einfach in die Felder oder in den al-Asi-Fluss | |
geworfen worden. | |
Ein Mitglied des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC) in Paris | |
erklärte der taz, dass die Kämpfer der FSA bis zum Nachmittag versuchten, | |
das Städtchen zu verteidigen, sich aber zurückzogen, da es angesichts der | |
Überzahl der regimetreuen Soldaten an Waffen und Männern mangelte. | |
## Propaganda der Nachrichtenagentur | |
In einem Bericht der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana ist von | |
„großen Verlusten“ in den Reihen der Regimegegner die Rede und von | |
„Maschinengewehren israelischer Bauart“, die angeblich bei den | |
„Terroristen“ gefunden wurden. | |
Nach Angaben von Regierungsgegnern sollen Soldaten die Ausweise der | |
flüchtenden Dorfbewohner kontrolliert haben. Einige Aktivisten seien dabei | |
verhaftet worden. Mehrere Zivilisten sollen an Ort und Stelle erschossen | |
worden sein. Da unter den mehr als 160 Leichen, die von den Dorfbewohnern | |
am Abend in den Straßen, Häusern und Feldern eingesammelt wurden, etwa 50 | |
der ursprünglich 250 Kämpfer waren, muss es einem Großteil der Rebellen | |
gelungen sein, zu fliehen oder unterzutauchen. Um 20 Uhr soll die Armee aus | |
at-Trimsa abgezogen sein. | |
Daran, dass viele der Bewohner dieses sunnitischen Dorfes die Revolution | |
unterstützen, gibt es keinen Zweifel. In den vergangenen Monaten hatte es | |
in at-Trimsa mehrfach Anti-Regime-Demonstrationen gegeben. Dafür, dass an | |
dem Massaker vom Donnerstag auch Milizionäre aus umliegenden Dörfern | |
beteiligt waren, die der alawitischen Minderheit angehören – so wie | |
Aktivsten berichten, gibt es dagegen bislang keine stichhaltigen Beweise. | |
Der SNC-Vorsitzende Abdelbaset Seida appellierte am Freitag vor der Presse | |
in Istanbul an den Weltsicherheitsrat, ein Eingreifen nach Kapitel VII der | |
UN-Charta zu beschließen, um die Zivilisten in Syrien zu schützen. Sollte | |
eine UN-Resolution erneut am Veto Russlands scheitern, müsse die | |
Kontaktgruppe der Freunde Syriens alleine handeln. Die arabischen Staaten | |
rief der SNC auf, Deserteure der Freien Syrischen Armee „mit allem, was sie | |
benötigen“ zu unterstützen. | |
Unterdessen kam es landesweit zu massiven Protesten gegen das Massaker - | |
unter dem Motto „In Solidarität und Gedenken an die Opfer von Trimsa“. Bis | |
zum späten Freitagnachmittag wurden aus Damaskus und Aleppo mindestens 29 | |
Tote gemeldet. | |
## Annan ist „schockiert“ | |
Der internationale Syrien-Vermittler Kofi Annan hat das Massaker in dem | |
syrischen Dorf Trimsa scharf verurteilt. Er sei „schockiert und entsetzt“ | |
über die hohe Zahl von Toten sowie „die bestätigte Anwendung schwerer | |
Waffen wie Artillerie, Panzer und Helikopter“, erklärte Annan am Freitag in | |
Genf. UN-Beobachter stünden bereit, um die Bluttaten in Trimsa zu | |
untersuchen. „Die Bewegungsfreiheit der Beobachter muss respektiert | |
werden“, forderte Annan. | |
Die humanitäre Lage in Syrien hat sich nach Einschätzung des Deutschen | |
Roten Kreuzes (DRK) in den vergangenen Wochen erneut deutlich | |
verschlechtert. Mittlerweile seien 1,5 Millionen Zivilisten dringend auf | |
Hilfe angewiesen, teilte das Rote Kreuz am Freitag mit. Vielen Menschen | |
hätten keinen Zugang zu Nahrung und Wasser und die medizinische Versorgung | |
sei in vielen Regionen ein Problem, erklärte DRK-Präsident Rudolf Seiters. | |
13 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Konflikt-in-Syrien/!97252/ | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bürgerkrieg in Syrien: Operation „Vulkan Damaskus“ | |
Die syrischen Rebellen greifen das Herz des Regimes an: Zwei enge | |
Assad-Vertraute sterben bei einer schweren Bombenexplosion in der | |
Hauptstadt Damaskus. | |
Tagesüberblick Bürgerkrieg in Syrien: Assads Schwager getötet | |
In Damaskus liefern sich Armee und Aufständische schwere Gefechte. Zuvor | |
waren bei einem Anschlag der Verteidigungsminister und Assads Schwager | |
getötet worden. | |
Syrische Flüchtlinge in der Türkei: Das Verlangen nach Rache wächst | |
Tausende Syrer sind inzwischen vor dem Bürgerkrieg in die Türkei | |
geflüchtet. Die Berichte aus ihrer Heimat machen sie wütend. An Diplomatie | |
glauben sie nicht mehr. | |
Bürgerkrieg in Syrien: Putin bleibt hart | |
Straßenkämpfe in Damaskus. Die bewaffnete Opposition ruft zur landesweiten | |
Offensive und zur Befreiung der Hauptstadt auf. Moskau und Peking stellen | |
sich weiterhin gegen Sanktionen. | |
Kämpfe in Damaskus: Syrien setzt Kampfhubschrauber ein | |
Syrische Regierungstruppen und Aufständische kämpfen weiterhin in Damaskus. | |
Auch im Zentrum fallen Schüsse. In Kasachstan wurde das syrische Konsulat | |
mit Molotow-Cocktails angegriffen. | |
Unterstützung für Syriens Revolution: Die Zukunft im Blick | |
Von Berlin und Beirut aus organisiert „Adopt a Revolution“ den Aufbau | |
Syriens. Für die Zeit nach dem Sturz Assads. Junge Syrer werden dafür | |
gezielt ausgebildet. | |
Politikwissenschaftler zu Syrien: „Assad hätte die Kurve kriegen können“ | |
Diejenigen, die in Syrien für Wahlen kämpfen, werden nicht die sein, die | |
sie gewinnen. Und die, die Wahlen gewinnen könnten, kämpfen nicht, sagt der | |
Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik. | |
Eskalation in Syrien: Blutigstes Massaker seit März 2011 | |
UN-Beobachter sind entsetzt: Der Angriff auf die Ortschaft Treimsa mit | |
mindestens 115 Toten galt Deserteuren und Aktivsten. Die Syrische Regierung | |
erklärt, es seien Terroristen gewesen. | |
UN-Beobachter inspizieren Tremseh: Im Dorf herrscht „relative Ruhe“ | |
Es ist unklar, was genau am Donnerstag im syrischen Ort Tremseh geschehen | |
ist. Aktivisten berichten von einem Massaker mit bis zu 250 Toten. | |
UN-Beobachter sollen nun ermitteln. | |
Kommentar Massaker in Syrien: Ethnische Gewalt eskaliert | |
In Syrien haben sich weder Regierungstruppen noch Aufständische | |
zurückgezogen, wie es der Annan-Plan vorsah. Keine guten Vorzeichen für | |
eine Lösung. | |
Syrische Rebellen im Libanon: „Verwundete bringen sie umsonst“ | |
Über Schmuggler bekommen die syrischen Rebellen Waffen und Geld. Für die | |
Salafisten im Libanon ist der Kampf vor allem ein religiöser. Ein Besuch in | |
Tripoli. | |
ARD-Interview mit Assad: Shakespeare statt kritischer Nachfragen | |
Der Autor und Nahostspezialist Jürgen Todenhöfer hat ein Interview mit | |
Syriens Präsident Assad geführt. Für die ARD. Natürlich hagelte es danach | |
Kritik. |