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# taz.de -- Bei Opel wächst die Angst: Mr. Ungeduldig kommt
> Nach dem Abgang von Opel-Chef Stracke halten Experten die Garantien
> gegenüber der Belegschaft für nichtig. Der komissarische Nachfolger will
> schnelle Erfolge.
Bild: Zu seinen besten Zeiten beschäftigte Opel in Deutschland rund 59.200 Mit…
KÖLN taz | Nach dem überraschenden Abgang von Opel-Chef Karl-Friedrich
Stracke wächst bei den Beschäftigten des Autobauers wieder die Angst um
ihren Job. „Eine erneute Diskussion über Werkschließungen würde
Belegschaften und Autokunden weiter verunsichern und hätte nachweisbar
einen nicht reparablen Imageschaden und weitere Marktverluste für die Marke
Opel zur Folge“, warnte der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende Rainer
Einenkel.
„Wir brauchen Ruhe und Sicherheit, damit die Kunden über unsere
hervorragenden Fahrzeuge sprechen.“ Doch danach sieht es erst mal nicht
aus, im Gegenteil. Viel spricht dafür, dass den Opelanern nach dem
offensichtlich nicht ganz freiwilligen Rücktritt Strackes vom Donnerstag
nun ein noch rauerer Wind droht.
Erst im Juni hatte der 56-jährige Ingenieur, der seit April 2011
Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG und seit im Januar Präsident von
General Motors Europe war, ein Sanierungskonzept für den kriselnden
Autobauer präsentiert. Es sah unter anderem vor, das Bochumer Werk nach
2016 schließen, wenn dort die Produktion des Modells Zafira ausläuft. Bis
dahin sollten jedoch im Gegenzug für alle vier deutschen Standorte
betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.
Nach Ansicht vieler Experten ist diese Garantie nach der Ablösung Strackes
jedoch nichts mehr wert. „Nichts ist mehr sicher, weder bei den Werken noch
bei den Mitarbeitern“, sagte der Duisburger Wirtschaftsprofessor Ferdinand
Dudenhöffer der taz. Er gehe jetzt von einer „harten, amerikanischen
Sanierung“ aus und halte nicht nur Bochum, sondern auch die Standorte in
Eisenach, Kaiserslautern und Rüsselsheim für gefährdet. Damit verspiele der
US-amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) das Vertrauen, das
Stracke erst gerade wieder mühsam aufgebaut habe. „Der Niedergang der Marke
und des Unternehmens wird beschleunigt“, sagte der Autoexperte.
## Strategiechef gilt als potentieller Nachfolger
Nordrhein-Westfalens neuer Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) ist
besorgt: „Ich erwarte von GM, dass die bisherigen Zusagen Bestand haben und
weiter nach Lösungen gesucht wird, die dem Standort Bochum eine Zukunft
geben.“
„Wir nehmen die Entscheidung von General Motors zum personellen Umbau
positiv zur Kenntnis“, sagte dagegen IG Metall-Chef Berthold Huber. Für die
IG Metall sei nur ein Zukunftskonzept tragfähig, dass keine Schließung von
Standorten vorsehe, warnte Huber.
Als potenzieller Nachfolger Strackes wird der bisherige Opel-Strategiechef
Thomas Sedran gehandelt. Der Restrukturierungsspezialist gilt als
Vertrauter von Opel-Aufsichtsratschef Stephen Girsky, der zunächst
kommissarisch die Opel-Leitung übernommen hat.
Der GM-Vize ist bekannt für seine Ungeduld. Girsky will schnelle Erfolge,
also schnell weniger rote Zahlen. Das ließe sich jedoch nur durch eine
beschleunigten Abbau der immensen Überkapazitäten erreichen. Seit Anfang
der Achtzigerjahre sinken Absatz- und Beschäftigungszahlen bei Opel.
## Marktanteil liegt unter 7 Prozent
Die aus der Detroiter Zentrale nach Rüsselsheim entsandten Manager kamen
und gingen, die Krise blieb. Zu seinen besten Zeiten beschäftigte Opel in
Deutschland rund 59.200 Mitarbeiter, inzwischen sind es nur noch etwa
22.000. Der Markanteil sank von einst über 20 auf heute unter 7 Prozent.
Das Europageschäft von GM, das zum Großteil aus Opel besteht, fuhr 2011
einen Verlust von 747 Millionen Dollar ein. Im ersten Quartal kamen weitere
256 Millionen Dollar Miese hinzu. Auch das zweite Quartal soll tiefrot sein
– was einer Gründe für die überstürzte Ablösung Strackes gewesen sein
dürfte.
Der 56-jährige Ingenieur war der vierte Opel-Chef in drei Jahren. Auch er
scheiterte damit, die Marke mit dem Blitz wieder flott zu machen. Gut
369.000 Autos setzte Opel von Januar bis Mai in der EU ab, 15,6 Prozent
weniger als im Jahr zuvor.
Außer an zahlreichen hausgemachten Problemen leidet der Konzern gemeinsam
mit anderen Massenherstellern wie Fiat, Ford, Peugeot oder Renault nicht
zuletzt unter dem starken Rückgang der Nachfrage insbesondere in den
Krisenstaaten Südeuropas. Hinzu kommen die negativen Folgen der staatlichen
Abwrackprämien von 2009, die das Problem nicht bewältigt, sondern nur
verschoben haben.
13 Jul 2012
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Opel
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