# taz.de -- Milliardenpaket für Spanien: Große Mehrheit für Hilfe | |
> Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit dem Milliardenpaket zugunsten | |
> spanischer Banken zugestimmt. Das Programm für Spanien soll über 18 | |
> Monate laufen. | |
Bild: Sehen relativ glücklich aus: Merkel und Schäuble am Donnerstag. | |
BERLIN afp/dpa | Es ist der Tag des Schirmes. Des Regens- und des | |
Rettungsschirmes. Der eine ganz profan gegen das demoralisierend schlechte | |
Sommerwetter in Berlin, in das die Bundestagsabgeordneten am Donnerstag zur | |
Sondersitzung von nah und fern zurückgerufen wurden. Der andere ganz | |
dramatisch gegen die raumgreifende Eurokrise, zu deren Überwindung die | |
Parlamentarier nach bestem Wissen und Gewissen beitragen sollen. | |
Am Ende unterstützen 473 der 583 anwesenden Politiker die Hilfe von bis zu | |
100 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF für die maroden Banken | |
im Königreich Spanien. Viele SPD- und Grünen-Politiker stimmen mit der | |
schwarz-gelben Koalition, die aber auch eine eigene Mehrheit | |
zusammenbringt. Für die Kanzlermehrheit reicht es allerdings nicht. Die | |
Linke sagt Nein. | |
Es ist eine der wichtigen und folgenreichen Parlamentssitzungen. Sie zeugt | |
von der Last der Volksvertreter, denen angesichts von Milliarden-Krediten | |
und Billionen-Schulden weiterhin schwindelig wird und die doch daran | |
glauben wollen, dass der Euro wieder mit viel Geld der Steuerzahler für | |
Banken zu retten ist. Und sie stimmt auf die Zerreißprobe der SPD ein, | |
sollte sie im Bundestagswahljahr 2013 aus Verantwortungsgefühl für | |
Deutschland und Europa der CDU-Kanzlerin Angela Merkel weiter breite | |
Mehrheiten für deren Eurokurs beschaffen. | |
Nicht Merkel erklärt diesmal die Position der schwarz-gelben Regierung. Es | |
ist ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble, der Fachmann, ein politischer | |
Fuchs, der seit sage und schreibe 40 Jahren für die CDU im Bundestag sitzt. | |
Von den 55 Sondersitzungen des Parlaments seit seinem Bestehen habe | |
Schäuble wohl den Großteil absolvieren müssen, leitete Bundestagspräsident | |
Norbert Lammert die Tagung ein. Der 69-jährige Schäuble ist aber noch | |
etwas: Europäer. | |
## Die EU ist ein Erfolg | |
Er beschwört es wieder: Die Europäische Union mit ihren 27 Mitgliedsstaaten | |
und die Eurozone mit ihren 17 Ländern ist ein Erfolg. Friedenspolitisch und | |
kulturell. Und die Exportnation Deutschland ist einer der großen Profiteure | |
und muss kränkelnden Partnern helfen. Und deshalb muss Spanien jetzt so | |
viel Geld für seine angeschlagenen Banken bekommen, dass das ganze System | |
saniert, gescheiterte Institute abgewickelt und restrukturierte Banken der | |
eigenen Wirtschaft wieder Kredite geben können. | |
Schäuble ruft: „Wir sind auf einem richtigen Weg. Dieser Weg wird Erfolg | |
haben, wenn wir ihn konsequent vorangehen.“ Schon durch den Anschein, dass | |
Spaniens Banken nicht gesunden könnten, drohten Europa gravierenden | |
Ansteckungsgefahren. „Es geht darum, einen Teufelskreis von Staats- und | |
Bankenkrisen zu durchbrechen.“ Noch während seiner Rede fällt der Euro auf | |
das Tagestief von 1,2229 US-Dollar, weil die Äußerungen im Handel als | |
Belastung für die Gemeinschaftswährung gewertet wurden. Warum? Wer versteht | |
das noch? | |
Die Vereinbarung, die die EU- und Euro-Partner für die Spanien-Hilfe | |
ausgearbeitet haben, hat so scharfe Auflagen, dass SPD-Fraktionschef | |
Frank-Walter Steinmeier seinen Leuten trotz Bedenken Zustimmung empfiehlt. | |
Für ihn wäre es auch nicht konsequent, Rettungsschirme aufzuspannen, sie | |
aber nicht zu benutzen. | |
## „Banken-ESM“ | |
Die Rettung von Banken dürfe jedoch keine Dauerlösung sein, fordert | |
Steinmeier. Er schlägt einen „Banken-ESM“ vor – finanziert über eine | |
europäische Bankenabgabe. Demnach müssten die Banken untereinander für die | |
Risiken einstehen, ohne den Steuerzahler zu belasten. „Es kann nicht | |
angehen, dass Politik immer wieder in Haftung genommen wird während sich | |
die Akteure auf den Finanzmärkten in der Anonymität verstecken.“ | |
Weltbankchef Jim Yong Kim warnt unterdessen vor einer tiefen weltweiten | |
Rezession und fordert von Europas Politik, die Euro-Schuldenkrise zu lösen. | |
Die SPD wird darauf hoffen, dass Unions- und FDP-Abgeordnete ihr höhnisches | |
Lachen noch vergehen wird, das Steinmeier für seine Feststellung erntet, | |
seine Partei handele mit ihrem Ja zur Spanien- Hilfe nicht parteitaktisch, | |
sondern verantwortungsbewusst. Er verlangt nun bessere Einbindung des | |
Parlaments in die Euro-Rettung und mahnt: „Friss oder stirb geht mit diesem | |
Parlament nicht mehr“. | |
Merkel darf das als Warnung verstehen. Für das Ja zum geplanten | |
Euro-Rettungsschirm ESM und dem europäischen Fiskalpakt zu mehr | |
Haushaltsdisziplin brauchte sie Ende Juni eine Zweidrittelmehrheit. Die SPD | |
half ihr. Dass Sozialdemokraten auch Parteitaktik können, bewiesen sie | |
jüngst, als sie mit Linken und Grünen eine Debatte über das von der | |
Koalition angestrebte, umstrittene Betreuungsgeld durch einen | |
Abstimmungstrick platzen ließen. Steinmeier verweist noch darauf, dass der | |
Bundestag eines der wenigen Parlamente in Europa ist, das sich im Zuge der | |
Schuldenkrise noch nicht zerlegt hat. Zu Merkel sagt er: „Sie tun so wenig | |
dafür, dass das auch so bleibt.“ | |
19 Jul 2012 | |
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