# taz.de -- Burroughs-Ausstellung in Karlsruhe: Ein leidenschaftlicher Schütze | |
> Eine Ausstellung im ZKM in Karlsruhe zeigt William S. Burroughs als | |
> Meister der "Expanded Media". Im Mittelpunkt steht seine Zusammenarbeit | |
> mit anderen Künstlern. | |
Bild: Borroughs schoss gerne – auch auf Farbdosen vor stehenden Leinwänden o… | |
„Die Jungs in Tanger nannten ihn ’El Hombre Invisible‘ – seine Erschein… | |
war geprägt von der magischen Triade Filzhut, Brille und Regenmantel“, | |
schrieb Alan Ansen über William S. Burroughs. Beide gehörten zum inneren | |
Zirkel der Beat Generation. | |
Mit 13 Jahren verschlingt der 1914 in St. Louis, Missouri, geborene Sohn | |
vermögender Eltern die Memoiren des Ganoven Jack Black. Es ist der Beginn | |
seiner Karriere als Außenseiter. Nach Studien der englischen Literatur in | |
Harvard, der Medizin in Wien und der Semantik in Chicago lebt er ab 1943 in | |
New York, trifft dort Jack Kerouac und Allen Ginsberg. Er hat erste | |
Kontakte mit Drogen und der schwulen Subkultur. | |
Berühmt wird Burroughs mit seinen Romanen „Junkie. Bekenntnisse eines | |
unbekehrten Rauschgiftsüchtigen“, erschienen 1953 unter dem Pseudonym | |
William Lee, und dem 1959 in Frankreich publizierten „Naked Lunch“. Wegen | |
„Obszönitäten“ erschien der Roman in den USA erst 1966 mit Aufhebung der | |
Literaturzensur. | |
## Überwindung der Kluft | |
1993 bekam William S. Burroughs den vom ZKM, Karlsruhe, und von der Siemens | |
Kulturstiftung 1992 ins Leben gerufenen Medienkunstpreis. Da war der zur | |
Pop-Ikone stilisierte Schriftsteller schon 79 Jahre alt. Der Preis ist ein | |
Anlass für die 1.800 Objekte und Bücher umfassende Schau mit dem Titel „the | |
name is Burroughs – Expanded Media“. | |
Er saß an „Naked Lunch“, füllte endlos Zettel. Zum Material gehörten | |
Briefe, die er aus Tanger an den Maler Brion Gysin geschickt hatte. Mit | |
Gysins Hilfe verwandelte er seine Schreibwut in eine Schreibmethode. | |
Gedrucktes und Geschriebenes wurde zerschnitten, zerrissen und neu | |
zusammengesetzt, Textstellen wurden umgedreht, überklebt. Das von Burroughs | |
benutzte Stanley-Messer gehört zu den wenigen harten Erinnerungsstücken der | |
Ausstellung. | |
Wenn zwei so eng zusammenarbeiten, bedarf es zur Überwindung der Kluft | |
zwischen ihren intellektuellen Ablagerungen eines „Third Mind“. Unter | |
diesem Titel erschien eine Sammlung von Cut-up-Texten beider Autoren. Sie | |
war Ansporn für Experimente mit Fotos, Zeichnungen und | |
Zeitungsausschnitten. Der englische Filmemacher Antony Balch nutzte die | |
Cut-up-Methode für Filme, die er zusammen mit Burroughs drehte. | |
Die Ausstellung beginnt mit Fotos vom Times Square aus den 50er Jahren. | |
„Sunrise, The New York Time’s Building“, 1956 von Lou Stoumen aufgenommen… | |
der Blick, den Bill, wie ihn seine Freunde nannten, von seinem Fenster aus | |
hatte. Am Times Square sollte für ihn alles Wesentliche beginnen. | |
Porträtserien namhafter Fotografen und 80 Fotoabzüge von ihm selbst und von | |
Brion Gysin führen in der Karlsruher Schau immer wieder zurück auf die | |
Person William S. Burroughs mit dem Antihippiehabitus. | |
Ausstellungsschwerpunkt ist seine Kollaboration mit anderen Literaten, | |
Künstlern, Musikern und Komponisten. | |
## „Ikone der Gegenkultur“ | |
Um „Expanded Media“ geht es vor allem bei den bildkünstlerischen Arbeiten. | |
Da gibt es eine Serie von Collagen aus gerissenen und sepiagefärbten | |
Schwarz-Weiß-Fotografien – Burroughs’ gebrochene Erinnerungen an sein Leben | |
in Tanger. Gysins Methode, Malerei zu erweitern, gründet auf der | |
Vergitterung der Fläche: Wasserfarbe, mit der Handrolle auf Papier über | |
einem Drahtgewebe aufgetragen, erzeugt eine Rasterstruktur, in die er | |
kalligrafische Zeichen einsetzt. Burroughs’ Gemälde mit aufgesprayter Farbe | |
in schwingenden linearen Strukturen vermitteln ein Gefühl von Bewegung. | |
„Hot Pipes“, ein feuriges Rot über Grün und Violett, besitzt magische | |
Wirkung. | |
Beim Thema Burroughs als „Ikone der Gegenkultur“ für nachfolgende | |
Generationen trifft man auf Arbeiten von Künstlern, die sich wie Andy | |
Warhol, John Giorno, Jean-Michel Basquiat, Walter Dahn, Rolf-Gunter Dienst | |
und Christof Kohlhofer auf William S. Burroughs beziehen. Kurt Cobain, | |
Laurie Anderson und Patti Smith sind präsent mit Arbeiten, die in | |
Zusammenarbeit mit Burroughs entstanden. | |
Während der letzten Jahre in Lawrence, Kansas, entdeckt der „Godfather of | |
Punk“ eine neue Maltechnik. Schon immer leidenschaftlicher Schütze, schießt | |
er auf Farbdosen vor stehenden Leinwänden oder Holztafeln. Die | |
explodierende Farbe malt die Bilder, die mit dem Pinsel vollendet werden. | |
1997 stirbt Burroughs mit 83 Jahren. | |
## „the name is Burroughs – Expanded Media“. ZKM Karlsruhe, noch bis zum | |
12. 8. | |
23 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Hoffmann | |
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