# taz.de -- Venezuela verlässt Gerichtshof: Marsch aus der unangenehmen Instanz | |
> Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat angekündigt, sofort aus dem | |
> Interamerikanischen Menschenrechtssystem auszusteigen. Andere Länder | |
> könnten folgen. | |
Bild: „Dieser Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte ist eine Sch… | |
BUENOS AIRES taz | Venezuela hat den sofortigen Austritt aus dem | |
Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte CIDH angekündet. „Dieser | |
Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte ist eine Schande,“ sagte | |
Venezuelas Präsident Hugo Chávez in einer Rede vor den Angehörigen der | |
Marine. Er habe seinen Außenminister aufgefordert, den Austritt | |
unverzüglich in die Wege zu leiten, so der Präsident. | |
Anlass ist ein Urteil, in dem der Gerichtshof Venezuela die „absichtliche | |
Verletzung der persönlichen Integrität und der unmenschlichen Behandlung“ | |
des Venezolaners Rañl Díaz Peña während seiner Gefangennahme feststellt und | |
den venezolanischen Staat zu einer Entschädigung in Höhe von rund 16.000 | |
Euro verurteilt. | |
Díaz Peña wurde der mutmaßlichen Beteiligung an terroristischen Anschlägen | |
auf die spanische Handelsvertretung und das kolumbianische Generalkonsulat | |
in Caracas im Jahr 2003 angeklagt. Er saß von 2004 bis 2010 in Haft. Im | |
April 2008 wurde er zu neun Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. | |
Im September 2010 nutzte der heute 38-Jährige seinen inzwischen erhaltenen | |
Freigängerstatus zur Flucht nach Miami. In den USA bat er um Asyl und | |
reichte Klage beim CIDH ein. | |
„Mit dem Urteil hat der CIDH seine Komplizenschaft mit der Politik in | |
Washington offen gezeigt, die Terroristen zu schützt, die gegen die Völker | |
unseres Amerikas vorgehen,“ so Chávez. Nach Auffassung Venezuelas hat der | |
CIDH mit der Annahme der Klage von Díaz Peña gegen seine eigenen Statuten | |
verstoßen. Erst wenn alle nationalen Rechtswege ausgeschöpft sind, kann der | |
Interamerikanischen Gerichtshof eine Klage annehmen und entscheiden. Im | |
Fall Díaz Peña hatte der CIDH die Klage dennoch akzeptiert. | |
Der CIDH untersteht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, einem | |
Gremium der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Die Entscheidungen | |
des Gerichtshofs für Menschenrechte stehen über dem nationalen Recht der 34 | |
Mitgliedsstaaten. | |
## In Konfliktfällen für den Schwächeren | |
Sie sorgen immer wieder für Aufsehen, da sie in Konfliktfällen oftmals | |
Nichtregierungsorganisationen oder Einzelpersonen Recht geben, die von der | |
Justiz ihrer Heimatländer eine Abfuhr erhalten. So hatte der Gerichtshof | |
zuletzt gegen Chile entschieden, dass einer lesbischen Mutter nicht wegen | |
ihrer sexuellen Orientierung das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen werden | |
darf. | |
In Ländern wie Argentinien und Uruguay haben die Interamerikanische | |
Menschenrechtskommission und der Gerichtshof wichtige Beiträge zur | |
juristischen Aufarbeitung der Militärdiktaturen geleistet. Dennoch wurde | |
der CIDH bereits mehrfach von südamerikanischen Regierungen kritisiert. | |
Anfang Juni forderten die Staatschefs von Bolivien, Evo Morales, und | |
Ecuador, Rafael Correa, auf der Vollversammlung der OAS eine grundlegende, | |
allerdings auch sehr zweischneidige Reform des Gremiums. So sollen | |
Schutzmaßnahmen für Menschenrechtsaktivisten ebenso eingeschränkt werden | |
wie die Berichterstattung über die Meinungsfreiheit. | |
Kritische Länderberichte sollen abgeschafft werden. Unterstützt werden | |
solche Bestrebungen, wenn auch noch nicht so lautstark, von Mexiko, | |
Kolumbien, Argentinien, Peru und Brasilien. | |
26 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Recherchefonds Ausland | |
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