| # taz.de -- NS-Kriegsverbrecher in Ungarn: Todesurteil gegen Csatáry gefunden | |
| > Der mutmaßliche Kriegsverbrecher kann in der Slowakei vor Gericht | |
| > gestellt werden. Die Dokumente von 1948 enthalten Zeugenaussagen über | |
| > Deportationen. | |
| Bild: Der 97-jährige Csatáry wurde verhört und unter Hausarrest gestellt. | |
| WIEN taz | Der mutmaßliche ungarische Kriegsverbrecher László Csatáry | |
| könnte auch in der Slowakei vor Gericht gestellt werden. Dort hat man, wie | |
| die ungarische Nachrichtenagentur MTI meldet, das Todesurteil gefunden, das | |
| 1948 in der Tschechoslowakei gegen den ehemaligen Polizeichef von Košice | |
| verhängt wurde. Der 97-jährige Csatáry wurde am 18. Juli in Budapest | |
| festgenommen und nach einem ersten Verhör durch die Staatsanwaltschaft | |
| unter Hausarrest gestellt. | |
| Die Akte, die im Archiv des slowakischen Instituts für Nationales Gedenken | |
| (UPN) in Bratislava zutage gefördert wurde, enthält neben dem Todesurteil | |
| auch den Haftbefehl vom 16. März 1948, die Personenbeschreibung und | |
| Zeugenaussagen. Csatáry wird als „hoher politischer Beamter und | |
| Politoffizier“ der Polizeidirektion von Košice beschrieben, so der von MTI | |
| zitierte slowakische Historiker Zoltán Balassa. | |
| Die Dokumente präzisieren Informationen, die schon verbreitet wurden, | |
| nachdem der Greis vor zwei Wochen von einem englischen Reporterteam in | |
| seiner Budapester Wohnung aufgestöbert wurde. Die vor über 60 Jahren | |
| aufgenommenen Zeugenaussagen berichten, der Polizeichef habe ihm | |
| unterstellte Wachposten angewiesen, schonungslos gegen die Juden im Ghetto | |
| sowie im Sammellager von Košice vorzugehen. Csatáry wird als „Sadist“ | |
| beschrieben, der sich auch „persönlich an Folterungen und Demütigungen | |
| beteiligt“ habe. | |
| Der Verurteilte, so die Dokumente, habe für die Deportationen ins | |
| Vernichtungslager Auschwitz „auch solche Personen benannt, auf die sich die | |
| Deportation nicht bezog oder die physisch nicht transportfähig waren“. Das | |
| Gericht sah es also als erwiesen an, dass der „Ghettokommandant“ seine | |
| Macht missbraucht und so zusätzlich den Tod mehrerer Menschen verursacht | |
| habe. Aus dem damals ungarisch besetzten Košice in der Ostslowakei wurden | |
| zwischen 15. Mai und 2. Juni 1944 fast 12.000 Juden nach Auschwitz | |
| verbracht. | |
| Die Ergreifung Csatárys in Budapest, wo er 15 Jahre unbehelligt unter | |
| seinem richtigen Namen gelebt hatte, hat den in Ungarn weit verbreiteten | |
| Antisemitismus neu entfacht. So lobte das der Faschistenpartei Jobbik | |
| nahestehende Internetportal kuruc.info eine Belohnung von 100.000 Forint | |
| (rund 350 Euro) für jene aus, die Teilnehmer an einem Flashmob vor Csatárys | |
| Budapester Wohnung am 16. Juli identifizieren können. Die von der European | |
| Union of Jewish Students organisierte Aktion hatte die Festnahme Csatárys | |
| gefordert. | |
| Inzwischen ist auch belegt, dass die Behörden schon länger vom Aufenthalt | |
| des Gesuchten gewusst haben müssen. Er selber soll 1997, kurz bevor er sich | |
| aus Kanada absetzen musste, schriftlich angefragt haben, ob gegen ihn etwas | |
| vorliege. Der Grund: Als Polizeioffizier in Košice habe er in den 1940er | |
| Jahren „Kontakt mit den Deutschen“ gehabt, weil „ich der Einzige war, der | |
| ihre Sprache beherrschte“. | |
| Ein für Donnerstag anberaumter Gerichtstermin wurde ohne Angabe von Gründen | |
| kurzfristig verschoben. Csatárys Anwalt Gábor Horváth erklärte in Budapest, | |
| die Anhörung soll kommende Woche stattfinden. | |
| 27 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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