| # taz.de -- Naziverbrecher Csatary in Budapest: Festnahme mit 97 Jahren | |
| > Ladislaus Csatary, der für die Deportation von 15.000 Juden | |
| > verantwortlich sein soll, ist in Budapest festgenommen worden. Dies | |
| > teilte die Staatsanwaltschaft mit. | |
| Bild: In diesem Haus lebte der Naziverbrecher unter seinem echten Namen. | |
| WIEN taz Ungarns Staatsanwaltschaft zeigt plötzlich Aktivismus. Der | |
| mutmaßliche Kriegsverbrecher Ladislaus Csizsik-Csatary sei verhört und in | |
| Gewahrsam genommen worden. Das wurde am Mittwoch in Budapest bekannt | |
| gegeben. Vorgeworfen werden ihm Kriegsverbrechen, auf die lebenslange Haft | |
| steht. | |
| Der 97-jährige Ungar war bereits 1948 in der Tschechoslowakei wegen der | |
| Deportation von 15.700 slowakischen Juden nach Auschwitz in Abwesenheit | |
| verurteilt worden. Damals entzog er sich seiner Inhaftierung durch Flucht | |
| nach Kanada, wo er bis vor 15 Jahren unbehelligt lebte. | |
| Oberstaatsanwalt Tibor Ibolya gab zu, bereits im Dezember von Efraim | |
| Zuroff, dem Chef des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, über den | |
| Aufenthalt des Gesuchten in Budapest informiert worden zu sein. Die | |
| Ermittlungen hätten so lange gedauert, weil man in der Slowakei, in Kanada | |
| und Israel recherchieren musste. Einen Zusammenhang der Einvernahme mit dem | |
| vor wenigen Tagen erschienenen Artikel in dem englischen Skandalblatt The | |
| Sun bestritt Ibolya. Zuroff hatte, verärgert weil die ungarischen Behörden | |
| nicht reagierten, ein Reporterteam der Sun angesetzt, das den rüstigen | |
| Greis in seiner Wohnung in Budapest aufsuchte. Er verweigerte den | |
| Journalisten zwar jede Auskunft, doch ein Foto dokumentierte seine | |
| Existenz. | |
| In der Vernehmung habe Csatary, der im Vollbesitz seiner körperlichen und | |
| geistigen Kräfte sei, jede Schuld von sich gewiesen. Er habe als | |
| Polizeikommandant von Kosice in der heutigen Slowakei nur Befehle | |
| ausgeführt. In der Anklage wird ihm nicht die Deportation ins | |
| Vernichtungslager vorgeworfen, sondern eine Reihe besonderer Grausamkeiten. | |
| Er soll Juden im Sammellager geprügelt und verhindert haben, dass in einen | |
| Güterwaggon, in den 80 Menschen gepfercht wurden, ein Lüftungsloch | |
| geschnitten wurde. | |
| Für Ungarn ist die Affäre höchst peinlich. Kein Regierungsmitglied hat sich | |
| bisher zu dem Fall geäußert. Gabor Deak, Exchefredakteur einer | |
| Wochenzeitung, findet dieses Verhalten typisch für die ungarische | |
| Innenpolitik. Tatsächlich distanziert man sich zwar vom Antisemitismus, | |
| doch ist in letzter Zeit eine Anbiederung an die extreme Rechte zu | |
| beobachten. Das äußert sich im zunehmenden Horthy-Kult - der | |
| "Reichsverweser" Miklos Horthy paktierte mit Hitler und ließ Ungarns Juden | |
| deportieren - und in der Errichtung oder Planung von Denkmälern für | |
| notorische Antisemiten. | |
| Parlamentspräsident Laszlo Köver, der zu den Feierlichkeiten anlässlich des | |
| 100. Geburtstags des schwedischen Diplomaten und Judenretters Raoul | |
| Wallenberg im israelischen Parlament geladen war, wurde von seinem | |
| Amtskollegen Reuven Rivlin wieder ausgeladen. Er hatte die Umbettung des | |
| antisemitischen Schriftstellers Jozsef Nyirö in Siebenbürgen eingefädelt. | |
| Nach Jerusalem reiste Staatspräsident Janos Ader, der sich laut | |
| israelischen Medien für den völkischen Dichter Albert Wass eingesetzt | |
| hatte. Wass wurde in Rumänien wegen Beteiligung am Mord an mehreren Juden | |
| verurteilt. | |
| 18 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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