# taz.de -- Kommentar Referendum in Rumänien: Der Kampf geht weiter | |
> Nach dem gescheiterten Referendum bleibt Rumäniens Politik paralysiert. | |
> Präsident Basecu spricht sich für eine Aussöhnung aus, tut aber nichts | |
> dafür. | |
Bild: „Nieder mit Basescu!“ fordern diese Demonstranten in Rumänien. | |
Die Volksabstimmung zur Absetzung des rumänischen Präsidenten Traian | |
Basescu ist gescheitert. Das gesetzlich vorgesehene Quorum von 50 Prozent | |
plus einer Stimme konnte nicht erreicht werden. Von den 46,13 Prozent, der | |
rund 18 Millionen Wahlberechtigten, die sich am Urnengang beteiligt hatten, | |
stimmten 87,55 Prozent gegen Basescu, 11,12 Prozent für ihn. | |
Rein arithmetisch gesehen ist das Resultat für das Ansehen des Siegers | |
verheerend. Aber auch für die Gegner des liberaldemokratischen Präsidenten | |
aus dem sozial-liberalen Parteienbündnis USL ist der Misserfolg ein herber | |
Schlag. | |
Dennoch erklärten sich alle Beteiligten gleich nach Bekanntwerden der | |
ersten Hochrechnungen zum Gewinner. Alle sprechen von einem Sieg der | |
Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit im EU-Land Rumänien und stilisierten | |
sich zu lupenreinen Europäern. | |
Der angeschlagene Basescu schien wenig beeindruckt zu sein, von der großen | |
Zahl von Wählern, die gegen ihn gestimmt haben. Die Schuldigen an diesem | |
negativen Votum waren seiner Ansicht nach die Fernsehsender eines | |
Oligarchen, die die Menschen aufgehetzt und in die Irre geführt hätten. | |
In einer TV-Erklärung kündigte Basescu an, sich bis zum Ende seines Mandats | |
für die Aussöhnung der gespaltenen rumänischen Gesellschaft einsetzen zu | |
wollen. Gleichzeitig enthielt diese Ankündigung aber eine neue | |
Kriegserklärung an seine politischen Gegner. Er sagte, er werde in den | |
nächsten zwei Jahren alles daransetzen, die Parlamentsreform zu | |
verwirklichen. | |
Seit einigen Jahren schon versucht Basescu die beiden Kammern des | |
Parlaments zusammenzulegen und die Gesamtzahl der Abgeordneten auf 300 zu | |
reduzieren. Gerade dieses umstrittene Projekt war es, das in der | |
Vergangenheit zum offenen Konflikt zwischen Präsident und Parlament geführt | |
und den Streit zwischen den Parteien geprägt hatte. | |
Für die Unterstützer des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Victor | |
Ponta und des liberalen Interimspräsidenten, Crin Antonescu liegen die | |
Ursachen der geringen Beteiligung in Budapest. Der ungarische Premier | |
Viktor Orban hatte nämlich der starken ungarischen Minderheit in Rumänien | |
empfohlen, das Referendum zu boykottieren. Das gleiche hatte Basescu von | |
den Rumänen verlangt. Die Rumänienungarn waren tatsächlich dem Aufruf | |
Orbans nachgekommen und haben so durch ihr Fernbleiben das Wahlergebnis | |
maßgeblich beeinflusst. | |
Mit dem Wiedereinzug Basescus in den Präsidentenpalast ist der Machtkampf | |
zwischen dem Staatsführer und der sozialliberalen Koalitionsregierung nun | |
aber keineswegs beendet. Die im Herbst anstehenden Parlamentswahlen in | |
diesem Herbst werden die verfeindeten Akteure zu weiteren | |
handstreichartigen Offensiven inspirieren. | |
Um die Glaubwürdigkeit der gesamten politischen Klasse in Rumänien wieder | |
herzustellen, hätten die exponierten Personen aus dem | |
Volksbefragungsdebakel Konsequenzen ziehen müssen. Ein freiwilliger | |
Rücktritt des angeschlagenen Präsidenten und eines durch Plagiatsvorwürfe | |
moralisch kompromittierten Premiers sowie die Ankündigung von vorgezogenen | |
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wären die richtigen Schritte | |
gewesen. So bleibt die Gesellschaft zutiefst polarisiert. Die Kampfhähne | |
stehen sich weiterhin unversöhnlich gegenüber. Der Kampf geht somit in eine | |
weitere Runde. | |
30 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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