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# taz.de -- Neue Regierung in Ägypten: Nur drei Islamisten im Kabinett
> Ägypten hat eine neue Regierung. In ihr sind nur wenige Muslimbrüder
> vertreten. Dass der Chef des Militärrats im Kabinett bleibt, verärgert
> liberale Aktivisten.
Bild: Frauen demonstrieren in Kairo: Ihre Rechte sind der neuen Regierung egal.
KAIRO taz | Die erste gewählte Regierung seit der ägyptischen Revolution
hat am Donnerstag ihre Arbeit aufgenommen. Viele der neuen Minister dienten
bereits zuvor in verschiedenen Ministerien oder Staatsbetrieben. Sechs
Minister der Vorgängerregierung behalten ihren Posten.
„Die neue Regierung wird von Technokraten dominiert“, sagt der politische
Experte Said Sadek. „Dies ist kein politisches Kabinett. Stattdessen werden
sich die Minister in den kommenden Monaten auf praktische Themen
konzentrieren.“
Drängende Themen sind die seit der Revolution gestiegene Kriminalitätsrate
und Armut im Land. Die Lösung dieser Probleme gilt als grundlegend für die
Regierung, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Präsident Mohammed
Mursi, der Kandidat der Muslimbruderschaft, hat versprochen, in den ersten
100 Tagen seiner Amtszeit spürbare Verbesserungen auf diesen Gebieten zu
erreichen.
Der neue Innenminister, Ahmed Gamaleddin, gilt als Karrierebürokrat und hat
bereits zuvor im Innenministerium gedient. Er versprach bei seinem ersten
Auftritt, den korrupten Sicherheitsapparat zu reformieren. Der Finanz- und
der Außenminister wurden von der Vorgängerregierung übernommen. Dies wurde
international als Zeichen der Stabilität aufgenommen.
Die ägyptische Börse und internationale Investoren reagierten positiv. Auch
in Israel dürfte dies wohlwollend aufgenommen werden. Die israelische
Regierung sieht eine islamistische Regierung in Ägypten als Gefahr für den
Friedensvertrag zwischen beiden Ländern.
Der Schritt, Hussein Tantawi zum Verteidigungsminister zu ernennen,
verärgerte viele liberale Aktivisten und Revolutionäre. Der Chef des
Militärrats, der nach der Revolution die Regierungsgeschäfte übernommen
hat, diente schon unter dem gestürzten Präsidenten Husni Mubarak auf diesem
Posten. Mehrere liberale Zeitungen werten dies als weiteres Zeichen für ein
stillschweigendes Abkommen zwischen Militär und Muslimbruderschaft.
Entgegen den Erwartungen wird das Kabinett nicht von Muslimbrüdern
dominiert. Nur die drei Ministerien für Jugend, höhere Bildung und
Wohnungsbau werden zukünftig von Mitgliedern der Freiheits- und
Gerechtigkeitspartei geleitet, des politischen Arms der Muslimbrüder.
## Neoliberale Überzeugung
Mehrere Ministerien, unter anderem die für Öl, Investitionen und
Versorgung, wurden an einflussreiche Geschäftsleute vergeben. „Diese Wahl
steht im Einklang mit den neoliberalen wirtschaftlichen Überzeugungen der
Muslimbruderschaft“, so Sadek. „Arbeiterrechte und Gewerkschaften werden es
auch in Zukunft schwer haben.“
Im neuen Kabinett werden nur zwei Frauen vertreten sein. Nadia Zakhari
leitet weiterhin das Wissenschaftsministerium und Nagwa Khalil übernimmt
das Sozialministerium. „Beim Thema Frauenrechte wird sich nicht viel
verändern“, sagt Sadek. „Die Regierung wird sich nicht um solche Themen
kümmern.
Der neue Premierminister Hisham Kandil gilt als weitgehend unbeschriebenes
Blatt. Der 50-Jährige studierte in den USA und war unter den beiden
Vorgängerregierungen Minister für Wasserangelegenheiten. „Kandil ist kein
Mitglied der Muslimbruderschaft, doch er teilt viele ihrer Überzeugungen“,
so Sadek. „Dies gilt für viele Mitglieder des neuen Kabinetts.“
2 Aug 2012
## AUTOREN
Raphael Thelen
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