| # taz.de -- Rainald Goetz stellt neuen Roman vor: Unter schwarzem Polyester | |
| > Rainald Goetz überreicht persönlich auserwählten Pressevertretern ein | |
| > Exemplar seines neuen Romans. Wie immer liegen Hass und Liebe dicht | |
| > beieinander. | |
| Bild: Das blaue Buch: „Johann Holtrop“ von Goetz. | |
| Die E-Mail klang sehr einladend: „Am 8. September 2012 erscheint Johann | |
| Holtrop, der neue Roman von Rainald Goetz. Und der Autor würde Ihnen gerne | |
| persönlich ein erstes Exemplar seines neuen Buches überreichen.“ Sollten | |
| die ausgewählten Pressevertreter womöglich Zeugen einer versöhnlichen | |
| Stimmungswende werden? Schließlich hatte Goetz seine Gastprofessur an der | |
| FU Berlin kürzlich mit dem Thema „Hass“ beendet und die Studenten mit der | |
| Benotung verärgert. | |
| Beim Eintritt in die Suhrkamp-Räume hätte man Goetz fast übersehen. Zum | |
| Glück erklärt Pressechefin Tanja Postpischil, „der Autor bereitet sich noch | |
| einen Moment vor“. Unter einer pechschwarzen Polyesterdecke mit Felltextur | |
| kauerte dort Rainald Goetz, manchmal waren Konzentration signalisierende | |
| Körperregungen zu erahnen. | |
| Wartend konnte man im aufgestapelten knallblauen neuen Goetz-Buch blättern | |
| oder alte Harald-Schmidt-Sendungen gucken, die lautlos auf einem Monitor | |
| liefen. Es ließen sich aber auch die fast nur männlichen Edelfedern | |
| mustern, Gustav Seibt, Maxim Biller und ein später mit Handy filmender Ulf | |
| Poschardt waren darunter. | |
| Als Rainald Goetz dann wie ein aus dem Tagtraum gerissener Büroangestellter | |
| aus seinem Deckenversteck hervorsprang, warf er sich sofort in medias res | |
| und rief „Freude heißt dieser Tag!“. Es folgte eine mitreißende Hymne auf | |
| die Materialität des Buches an sich. Statt Dateien oder Druckfahnen zu | |
| versenden, habe der Verlag sich die Mühe gemacht, von „Johann Holtrop. | |
| Abriss der Gesellschaft“ ein Paperpack als Leseexemplar herzustellen. | |
| ## Fetisch Endprodukt | |
| Denn, so Goetz, allein das fertige Objekt sei der Roman – deshalb auch | |
| seine strikte Weigerung, der Jury des Deutschen Buchpreises Fahnen von | |
| „Johann Holtrop“ zu schicken. Beinahe fetischistisch ergötzte Goetz sich an | |
| Satz und Durchschuss des Leseexemplars: „Alles ist gut geworden!“ | |
| Natürlich lauerte hinter der Feier eine Beschwerde. Goetz klagte, es gäbe | |
| keine intellektuelle Debatte über Literatur mehr, nur in | |
| Underground-Kreisen tauschten Leute noch Argumente aus. Anstatt einfach zu | |
| fragen, was das Buch taugt, würden Redakteure die Schriftsteller lieber vor | |
| der Suppe sitzend porträtieren wollen. | |
| Unversöhnliche Ansage Goetz’: „An Hass und Verachtung fehlt es nicht!“ A… | |
| „Zeichen des Schwachsinns“ machte er die Eile in der Rezensionskultur aus, | |
| aus „Terminstreberei“ respektiere niemand mehr Sperrfristen. Wie immer | |
| bekam er die Kurve zur Höflichkeit und bat die anwesenden Feuilletonisten | |
| seiner gut zehnminütigen Rede um „uneilige Reaktionen und Resonanzen“. Die | |
| Sperrfrist 8. September sei dabei bitte zu beachten. | |
| 2 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Aram Lintzel | |
| ## TAGS | |
| Suhrkamp Verlag | |
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