# taz.de -- Rainald Goetz' Roman „Johann Holtrop“: Gefeuert, gefeuert, gefe… | |
> Rainald Goetz präsentiert im Deutschen Theater Berlin sein neues Werk | |
> „Johann Holtrop“. Ein Roman, so einfach wie möglich. | |
Bild: Rainald Goetz: „Er versteht nicht, was ihm vorgeworfen wird. Er macht e… | |
Im Frühjahr hatten sich Auftritte von Rainald Goetz gehäuft. Im Roten | |
Rathaus war ihm der Berliner Literaturpreis nebst | |
Heiner-Müller-Gastprofessur verliehen worden; er hatte seine | |
Antrittsvorlesung in der FU gehalten und zwischendurch noch eine | |
Veranstaltung mit Diedrich Diederichsen. Am 1. August dann eine | |
Pressepräsentation seines neuen Werks „Johann Holtrop“, bei der | |
ausgewählten Journalisten das blaue Buch überreicht worden war. | |
Anfang September erschienen erste Rezensionen. Die meisten mit Tendenz zum | |
Negativen, eine war bösartig; zwei vom Spiegel sehr lobend und die in der | |
Zeit hatte die absurde Überschrift „Ist das so gut wie Balzac?“. Sichtlich | |
getroffen reagierte der Dichter mit einer Johann-Holtrop-Internetseite und | |
einem „gefeuert“ betitelten Video auf die Rezensionen: „12. 9. 12. | |
Judgement Day. | |
Wie ist es Holtrop ergangen? Gefeuert, gefeuert, gefeuert, gefeuert. Wegen | |
Kälte, Arroganz, Bosheit, Negativität und wegen einer generellen und | |
fundamentalen Inkompetenz. Er kann das Unternehmen, das er führt, die | |
Assperg AG, dieses Riesenreich, den Roman, gar nicht führen. Hochstapler. | |
Er versteht nicht, was ihm vorgeworfen wird. Er macht einfach weiter. Er | |
liest.“ | |
„Johann Holtrop“, eigentlich der erste „richtige“ Goetz-Roman, erzählt… | |
Aufstieg und Fall des Vorstandsvorsitzenden eines weltweit agierenden | |
Medienkonzerns namens Assperg AG. Die Helden sind gierig, kaputt und | |
gestört in einer kaputten Zeit. Mittwochabend im voll besetzten Deutschen | |
Theater in Berlin findet die offizielle Buchpremiere statt. | |
Zunächst freut sich der Intendant, dass Goetz wieder zurückgefunden habe | |
ins Theater. Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz verteidigt das Buch, | |
vergleicht es mit einer Tragödie, merkt an, dass auch Schiller Arzt war, | |
und verkündet am Ende, dass sich das Buch eine Woche nach Erscheinen in der | |
dritten Auflage befindet, also mehr als 10.000-mal verkauft wurde. | |
## „Polizist erschossen – Roman“ | |
Dann betritt Rainald Goetz die Bühne, liest abwechselnd Passagen aus dem | |
ziemlich guten, filmreifen ersten Teil des Romans und erklärt; wie er auf | |
den Namen seiner Titelfigur kam, dass ihm der Bürgermeister der | |
ostfriesischen Ortschaft Holtrop geschrieben hätte; interpretiert das | |
Personal („die Figuren erleiden ein Schicksal, das sie nicht verstehen | |
können“), spricht sich generell gegen „den Stumpfsinn einer | |
Weltanalogiebildung“ im Roman aus; erklärt, dass er sich einen europäischen | |
Leser vorgestellt habe, dem die Realnamen, wie bei Houellebecq, erst mal | |
nichts bedeuteten, nennt den ursprünglich gedachten Titel: „Polizist | |
erschossen – Roman“. | |
Ziel sei gewesen, einen Roman „so einfach wie möglich“ zu schreiben. Die | |
Narration sei so kaputt, wie es die dargestellten Personen sind. Es habe | |
Spaß gemacht, sich von dem eigenen Ich als Hauptperson der Bücher der | |
letzten 30 Jahre zu verabschieden. Weitere Romane werden folgen. Nach 55 | |
Minuten verlässt der Dichter unter lang anhaltendem Applaus die Bühne und | |
kehrt zweimal kurz zurück, weil die Leute so sehr klatschen. | |
27 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Detlef Kuhlbrodt | |
## TAGS | |
Rainald Goetz | |
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