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# taz.de -- Rechte Provokationen: Lasst sie im Regen stehen
> Rechtspopulisten wollen vor Moscheen und linken Projekten provozieren.
> Die Polizei plant einen Großeinsatz, die Betroffenen reagieren gelassen.
Bild: Auch diesmal werden die Rechten nicht unwidersprochen bleiben.
Sie suchen die größtmögliche Provokation – und genau die wollen ihnen ihre
Gegner nicht gönnen. Wenn in zwei Wochen die Rechtspopulisten von „Pro
Deutschland“ in Berlin zu Protesten „gegen Islamisierung und linksextreme
Gesetzesbrecher“ aufrufen, wollen Neonazigegner zwar dagegen protestieren,
sonst aber an ihrem eigenen Antirassismus-Festival festhalten. Die Polizei
plant dennoch einen Großeinsatz.
Mit einem „Wochenende der Superlative“ wirbt „Pro Deutschland“ für den…
und 19. August. Das heißt für eine rechte Mini-Partei, die 1,2 Prozent bei
der letzten Berliner Abgeordnetenhauswahl holte, noch nicht viel. „Pro
Deutschland“ will aber direkt vor der Neuköllner Al-Nur- und der Weddinger
As-Sahaba-Moschee aufkreuzen und dort auch Mohammed-Karikaturen zeigen.
Beide Moscheen gelten auch als Treffpunkte radikaler salafistischer
Muslime. In Solingen und Bonn war es im Frühjahr zu Krawallen von
Salafisten gekommen, als Rechte die Karikaturen zeigten.
Auch vor dem autonomen Hausprojekt Köpi in Mitte wollen die Rechten
aufziehen, ebenso in Friedrichshain, in der Liebig- Ecke Rigaer Straße, wo
einige linke Initiativen ihren Sitz haben. Man wolle, so „Pro Deutschland“,
„politische Brennpunkte“ aufsuchen, an denen „die Freiheit bedroht“ sei.
Die Partei erwartet 100 Teilnehmer zu ihrem Aufzug, eine hochgegriffene
Zahl – kamen zu vergangenen Aktionen in Berlin nur ein Dutzend Anhänger.
Die meisten Betroffenen reagieren gelassen. Izzeldin Hamad, Vorstand der
Al-Nur-Moschee, kündigt an, die Provokateure zu ignorieren: „Das ist ein
Kinderspiel, das einem nur leidtun kann.“ Proteste wie in
Nordrhein-Westfalen seien nicht geplant, so Hamad. „Jede Gemeinde hat ihre
eigene Taktik.“
Auch die Veranstalter eines „Festivals gegen Rassismus“ am gleichen
Wochenende wollen „Pro Deutschland“ rechts liegen lassen. „Wir werden uns
von diesen Spinnern nicht aus dem Konzept bringen lassen“, sagt ein
Mitorganisator. Auf dem Festival am Kreuzberger Blücherplatz wollen rund 30
Migrantenorganisationen drei Tagen lang mit Workshops und Podien über
antirassistische Arbeit diskutieren und sich vernetzen. Man werde aber über
die Anti-„Pro“-Proteste informieren, so die Veranstalter.
Denn die wird es trotz allem geben. Mit einer „antirassistischen
Stadtrundfahrt“ soll die Tour der Rechten begleitet werden. Rund 50
Teilnehmer erwartet hier Mitorganisator Dirk Stegemann. In dem Bus werde
auch eine eigene Karikaturenausstellung gezeigt – zu „Nazis, Rassisten und
Pro-Deutschen“.
Auch die betroffenen linken Projekte planen Widerstand. In der Köpi, wo die
Partei mittags auftauchen will, wird zu einem Protestfrühstück geladen. Man
lasse sich nicht provozieren, sagt Bewohnerin Laura. „Wir werden aber auch
zeigen, dass Rassisten hier nichts zu suchen haben.“
Auch Dirk Stegemann mag den Rechten „nicht die Straße überlassen“. Das
Problem sei nicht „diese zerstrittene Splitterpartei“, sondern deren
Rassismus, der bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sei.
Deshalb, so Stegemann, würden sich Gegenproteste und das
Antirassismus-Festival ideal ergänzen.
Polizeisprecher Thomas Neuendorf erwartet einen „schwierigen Einsatz“.
Mehrere hundert Beamten werde man einsetzen, auch aus anderen
Bundesländern, da Ausschreitungen wie in Nordrhein-Westfalen nicht
auszuschließen seien. Verbieten könne man die Kundgebungen von „Pro
Deutschland“ nicht, so Neuendorf, das lasse das Versammlungsrecht nicht zu.
Man verhandele aber noch, wie nah die Rechten vor die Moscheen und
Hausprojekte dürfen.
Innensenator Frank Henkel (CDU) nannte die Aktionen der Rechtspopulisten
eine „durchschaubare Inszenierung“. Keine Provokation aber rechtfertige
Gewalt. Diese werde er nicht dulden, sagte Henkel. „Egal, von welcher
Seite.“
In Berlin versuchte es die Partei zuletzt schon mit Provokationen. Am
Potsdamer Platz protestierte sie im Mai mit Mohammed-Karikaturen gegen eine
Verteilung von Koranen durch Salafisten. Einige Gläubige versuchten, den
Rechten die Plakate zu entreißen. Nach Kreuzberg wagte sich die Partei im
Juni 2011 – just im dortigen Rathaus wollten die Rechten tagen.
Gegendemonstranten verhinderten dies. Auch diesmal will die Partei wieder
zum Rathaus. „Offenbar“, so Stegemann, „wirkt die Schlappe immer noch
nach.“
5 Aug 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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