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# taz.de -- Eurokrise in Slowenien: Widerspruch gegen Moody's-Rating
> Eben noch EU-Nettoeinzahler, gilt Slowenien nun als nächster Kandidat für
> den Rettungsschirm. Das Exportland wird von den Folgen der Eurokrise
> ausgebremst.
Bild: Schönes Plätzchen: Slowenien galt jahrelang als Musterschüler der EU.
PRISHTINA taz | In Slowenien ist die Öffentlichkeit über die
US-Ratingagentur Moody’s verwundert. Dass die Agentur Ende vergangener
Woche die Bonität des Landes gleich um drei Stufen herabsetzte, blieb in
der Öffentlichkeit und von den politischen Spitzen nicht unwidersprochen.
So erklärte das Finanzministerium Sloweniens praktisch umgehend, die
Herabstufung der Bonität von A2 zu Baa2 beziehe nicht die aktuellen
Fortschritte bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen ein.
„Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen für die Konsolidierung der
Staatsfinanzen vorgenommen. Das Budgetdefizit ist von 6,4 Prozent 2011 im
laufenden Jahr auf voraussichtlich 3,5 Prozent gesenkt worden“, erklärte
das Ministerium und verwies auf die mit 45 Prozent im Vergleich zu anderen
Ländern extrem niedrige Verschuldungsrate. „Slowenien ist angesichts der
makroökonomisch positiven Daten nicht mit Staaten wie Griechenland und
Spanien zu vergleichen.“
Doch gleichzeitig ist klar: Die Banken des Landes sitzen auf zu vielen
faulen Papieren. Journalisten der Tageszeitung Delo führen diesen Umstand
darauf zurück, dass die Banken des Landes im Laufe der letzten Jahre den
Verlockungen der internationalen Finanzspekulationen erlegen sind. Sie
schätzen, dass rund 2 Milliarden Euro verloren gehen könnten. Vor diesem
Hintergrund sei eine Kreditklemme für die Industrie des Landes entstanden.
Moody’s hatte in der aktuellen Analyse nicht nur den Finanzsektor
Sloweniens kritisiert, sondern auch herausgestellt, dass das mit zwei
Millionen Einwohnern kleine Land am südlichen Rand der Alpen vor allem vom
Export abhängig sei.
## Rezession Anlass für schlechteres Rating
Mit der Eurokrise seien jedoch die Möglichkeiten für eine Steigerung der
Exporte begrenzt. Die Ratingagentur sieht in diesem Umstand eine Gefahr für
die industrielle Produktion. Die war bereits im vergangenen Jahr um etwas
weniger als ein Prozent geschrumpft.
Einen Engpass bei der Kreditvergabe sieht nicht nur die US-Ratingagentur,
auch aus Deutschland kommt Kritik. „Sloweniens Wirtschaft ist erneut in die
Rezession abgeglitten und schrumpft 2012 voraussichtlich um gut ein
Prozent“, lautet die jüngste Lagebeschreibung der Gesellschaft Germany
Trade & Invest. „Immer mehr Insolvenzen und notleidende Kredite belasten
die unterkapitalisierten Banken sowie die Finanzierung der Wirtschaft.“
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
bewertet die Lange positiver: Die Krise könne im nächsten Jahr überwunden
werden. Die OECD verweist im Gegensatz zu Moody’s auf steigende Exporte.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes sei deshalb kein Problem, bekräftigen
Analysten in Ljubljana.
## Befürchtungen in Montenegro und Kosovo
Dass Slowenien ohne stichhaltige Gründe in den Fokus der Krise gesetzt
wird, hat auch Verwunderung bei den Institutionen der internationalen
Gemeinschaft in Kosovo hervorgerufen. Befürchtungen wurden laut, dass im
Zuge der Entwicklung die Übernahme des Euro durch Kosovo und Montenegro von
den Ratingagenturen infrage gestellt werden könnte.
Montenegro hat gleichzeitig mit den Euroländern seine Währung auf Euro
umgestellt, ohne die mit strengen Auflagen verbundenen Prozeduren zur
Aufnahme wie andere Länder durchlaufen zu müssen. In Kosovo setzte sich der
Euro damals als Zahlungsmittel durch. Mit der Unabhängigkeit Kosovos 2007
ist der Euro die offizielle Währung.
Unter der Hand werden in diplomatischen Kreisen noch andere Theorien
vorgebracht. Der Angriff auf Slowenien weise deutlich auf eine politische
Dimension der gesamten Diskussion um den Euro. Das Finanzkapital der USA
und Großbritanniens wolle auf dem Weltmarkt den Euro als Konkurrenten des
Dollar ausschalten.
6 Aug 2012
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Slowenien
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