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# taz.de -- Konflikt um Militärforschung in Karlsruhe: Keine Schwerter zu Pflu…
> Am Karlsruher Institut für Technologie protestieren Studierende gegen
> Militärforschung an ihrer Hochschule. Die Uni-Leitung hält daran fest.
Bild: Schon früher wurde im Dienste des Militärs geforscht: Ausstellung im Dr…
BERLIN taz | Nadja Brachmann hat ein Ziel: Ihre Universität soll künftig
nur erforschen, was friedlichen Zwecken dient. „Militärforschung hat hier
nichts zu suchen“, sagt die 29-jährige Maschinenbaustudentin. Sie setzt
sich mit anderen Studierenden und HochschulmitarbeiterInnen dafür ein, dass
das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine sogenannte Zivilklausel
in seine Satzung mit aufnimmt.
Das KIT ist nicht irgendeine Hochschule, sondern ein bundesweit
einzigartiges riesiges Zwitterwesen – entstanden aus dem Zusammenschluss
des Forschungszentrums Karlsruhe, das der Bund finanzierte, und der vom
Land getragenenen Universität. So mancher sieht im KIT Deutschlands
heimliche Bundesuniversität, eine Art akademischen Leuchtturm. Eine
Zivilklausel am KIT könnte auf die gesamte Forschungslandschaft
ausstrahlen.
Könnte. Denn bislang laufen Brachmann und ihre Mitstreiter gegen Wände.
KIT-Präsident Eberhard Umbach sperrt sich gegen eine Zivilklausel. Er sieht
darin eine „Beschränkung von Wissenschaft, Forschung und Lehre“ und
verweist auf die ethischen Leitlinien, die der KIT-Senat im Mai beschlossen
hatte. Darin steht unter anderem, dass die Arbeit des KIT „friedliche
Zwecke“ verfolgen solle. Für Umbach ist damit alles klar. Nicht jedoch für
Studentin Brachmann.
„Die Leitlinien ersetzen keine Zivilklausel“, sagt sie: „Das Problem ist:
Forscher können sich daran halten, müssen es aber nicht.“ Eine Zivilklausel
wäre für alle Hochschulangehörigen verbindlich.
Die Debatte drängt sich in Karlsruhe unter anderem deswegen auf, weil das
Forschungszentrum vor der Fusion bereits eine Zivilklausel hatte. Die
Klausel gilt auch weiterhin – allerdings nur für die Bereiche des
ehemaligen Forschungszentrums. Aus Brachmanns Sicht eine irrwitzige
Konstruktion: „Im KIT ist doch gar nicht zu trennen, ob ein Wissenschaftler
im ehemaligen Bereich des Forschungszentrums oder der Uni forscht“, sagt
sie.
Auch die rot-grüne Landesregierung weigert sich, eine Zivilklausel ins
KIT-Gesetz zu schreiben. Baden-Württembergs grüne Wissenschaftsministerin
Theresia Bauer setzt stattdessen darauf, dass die Hochschulen des Landes
sich Transparenzregeln auferlegen und ihre Militärforschungen offenlegen.
„Eine gesetzliche Beschränkung von Forschungsaktivitäten lehne ich jedoch
ab“, sagt Bauer.
## Sinneswandel der Ministerin
Interessant ist, dass sie das als Oppositionspolitikerin anders sah: 2009
beantragte sie, in das KIT-Gesetz folgenden Passus aufzunehmen: „Das KIT
verfolgt im Rahmen seiner Aufgaben nach § 2 ausschließlich friedliche
Zwecke.“ Studentin Brachmann ist sauer auf die Ministerin: „Sie hat ihren
Sinneswandel nie erklären können. Wir fühlen uns ernsthaft verarscht.“
Bislang können Brachmann und ihre Mitstreiter nur darüber spekulieren,
welche Militärforschungen es konkret am KIT gibt. Im Verdacht haben sie das
Projekt „Kognitive Automobile“, in dem intelligente, selbststeuernde
Fahrzeuge entwickelt werden. In diesem Projekt haben KIT-Forscher mit der
Universität der Bundeswehr in München kooperiert. Das geht aus der Antwort
der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der damaligen
Oppostionsparteien SPD und Grüne aus dem Jahr 2010 hervor. Militärische
Ziele verfolge das Projekt jedoch nicht, schrieb Baden-Württembergs
Landesregierung seinerzeit.
Aus Sicht von KIT-Präsident Umbach lässt sich ohnehin keine klare Grenze
zwischen ziviler und militärischer Forschung ziehen. Er sagt: „Das Militär
könnte sichere IT-Systeme, leistungsfähigere Fahrzeuge oder neue Werkstoffe
gebrauchen. Die Liste lässt sich fortsetzen.“
7 Aug 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Transparenz
Transparenz
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