# taz.de -- Sechs Monate nach dem Gerichtsurteil: Keinen Cent von Pirate Bay | |
> Wegen Verstößen gegen das Copyright sollen die ehemaligen Betreiber von | |
> „Pirate Bay“ fast neun Millionen Euro zahlen. Da kann die | |
> Unterhaltungsindustrie lange warten. | |
Bild: Das schicke Schiff von „Pirate Bay“. | |
STOCKHOLM taz | Sie werden wohl noch lange auf ihre 8,7 Millionen Euro | |
warten müssen: Warner Bros., EMI, Columbia und die zehn anderen Firmen der | |
Unterhaltungsindustrie, die diese Schadenersatzforderung gegen vier | |
ehemalige Betreiber der Bit-Torrent-Seite „Pirate Bay“ haben. | |
Ein halbes Jahr nachdem das Urteil der schwedischen Justiz, das sich auf 33 | |
Copyrightverstöße in den Jahren 2005 und 2006 bezogen hatte, rechtskräftig | |
wurde, konnten die Konzerne gerade mal 38.000 Euro davon eintreiben. Und | |
die nur beim offenbar einzig Betuchten aus den Quartett: Carl Lundström, | |
einem Erben der Knäckebrotfirma Wasa. | |
Vermutlich war es das dann, denn Lundström wohnt in der Schweiz, wo er vor | |
dem Zugriff der schwedischen Gerichtsvollzieher sicher ist. Theoretisch | |
pfändbare Vermögenswerte in Schweden hat Lundström offenbar an seine | |
Ehefrau überschrieben. Der „Pirate Bay“-Finanzier und früher politisch im | |
Rechtsaussenmilieu aktive Unternehmer ist auch der Einzige, der seine | |
Haftstrafe von vier Monaten schon abgesessen hat – vorwiegend mit | |
Fussfessel und Hausarrest. | |
Die „Techniker“ von „Pirate Bay“, Fredrik Neij und Gottfrid Svartholm W… | |
verurteilt zu zehn bzw. zwölf Monaten, sind untergetaucht, nach ihnen wird | |
international gefahndet. Für den Vierten im Bunde, Peter Sunde, jetzt der | |
Mann hinter dem Bezahldienst „Flattr“, lehnte das oberste schwedische | |
Gericht Ende Juli einen Wiederaufnahmeantrag ab. Den hatte er gestellt, | |
weil er seiner Meinung nach für etwas verurteilt worden ist, was er nicht | |
getan hatte. | |
Nach einer höchstrichterlichen Ablehnung ohne jede Begründung fragt er sich | |
nun in seinem [1][Blog], ob nur „reine Inkompetenz“ hinter der Entscheidung | |
des „Högsta Domstolen“ steht, oder weil eine mittlerweile dorthin | |
aufgestiegene Juristin mitentschied. Diese hääte eine zentrale Funktion | |
gehabt, als vor sechseinhalb Jahren zwischen Stockholm und Washington das | |
juristische Vorgehen gegen „Pirate Bay“ koordiniert worden war. | |
Zwischenzeitlich hat der 33-jährige Sunde noch ein [2][Gnadengesuch] an die | |
Regierung in Stockholm gestellt, weil die Millionenstrafe, für die er – wie | |
jeder der vier Verurteilten – juristisch voll umfänglich haftet, ihm | |
jegliche berufliche Zukunft verbauen würde. Ausserdem würde er als | |
„Wirtschaftsflüchtling“ dauerhaft aus Schweden weggezwungen. | |
Sunde selbst räumt dem Gesuch eine Chance von lediglich 0,000001 Prozent | |
ein und will nach einer ablehnenden Regierungsentscheidung seine | |
achtmonatige Haftstrafe antreten. Bleiben die Hollywood-Schulden. Und | |
„Pirate Bay“. Das unter neuer Regie bislang unbehindert weitermacht. | |
8 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://blog.brokep.com/2012/07/27/nekad-resning/ | |
[2] http://falkvinge.net/2012/07/06/aftermath-of-the-pirate-bay-trial-peter-sun… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Bezahlmodell | |
Pirate Bay | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flattr-Chef über Paywalls: „Wir respektieren die Privatsphäre“ | |
Linus Olsson über den Onlinespendendienst Flattr, eine Revolution, die | |
ausgeblieben ist, und die deutsche Diskussion über Paywalls. | |
Klagen gegen „The Pirate Bay“: „Wir bleiben, so lange wir wollen“ | |
Dateitauschdienste im Netz kommen und gehen – meist werden sie von | |
Rechteinhabern weggeklagt. Nur „The Pirate Bay“ schlägt sich wacker. | |
Vier Jahre Haft für illegale Links: Dem Detektiv ins Netz gegangen | |
Der Brite Anton Vickerman wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Seine Seite | |
Surfthechannel.com hatte urheberrechtlich geschützte Videos im großen Stil | |
verlinkt. | |
Blockaden gegen Dateitausch-Seite: Unblockierbare Piratenbucht | |
Provider in mehreren Ländern sollten das Filesharing-Portal The Pirate Bay | |
sperren. Der Dateitausch hat trotzdem nicht abgenommen. Sind Netzblockaden | |
wirkungsvoll? | |
Rechtsfragen für Streaming-Portale: Ist kinox.to-Gucken strafbar? | |
In Leipzig stehen die Köpfe hinter der illegalen Filmplattform kino.to vor | |
Gericht. Längst gibt es Nachfolge-Seiten. Eine Frage bleibt: Ist ihre | |
Nutzung verboten? | |
Anonymous-Projekt „Anontune“: Musik aus der Grauzone | |
Kostenlose Musik, ganz legal – das behaupten die Macher von „Anontune“. S… | |
wollen ein Schlupfloch gefunden haben: Ihre Seite spielt Musik von Youtube | |
ab. | |
The Pirate Bay plant Drohnennetzwerk: Die Netzpiraten heben ab | |
Das Datentausch-Suchportal „The Pirate Bay“ will seine Server auf ein | |
Netzwerk von fliegenden Drohnen verlegen. Technisch kein Problem, doch | |
rechtlich kaum umsetzbar. |