# taz.de -- Union blockiert Antikorruptionsabkommen: Deutschland macht's wie de… | |
> Die Unionsfraktion lässt sich nicht zur Ratifizierung eines | |
> internationalen Antikorruptionsabkommens drängen. Auch nicht durch Druck | |
> der deutschen Großkonzerne. | |
Bild: Wenn alles gut läuft, gibt's noch viel mehr … | |
BERLIN taz | Ungeachtet der Kritik der Wirtschaft will sich die | |
Unionsfraktion des Bundestags nicht zur Ratifizierung des | |
Antikorruptionsabkommens (Uncac) der Vereinten Nationen drängen lassen. Die | |
schon vor neun Jahren unterzeichnete internationale Vereinbarung wirft aus | |
Unionssicht eine Reihe von bislang ungelösten Problemen auf. | |
„Die Ratifizierung des UN-Übereinkommens gegen Korruption ist aus Sicht der | |
deutschen Rechtsordnung problematisch, da gewählte Abgeordnete mit | |
weisungsgebundenen Beamten gleichgesetzt werden“, erklärten der | |
stellvertretende Chef der CDU/CSU-Fraktion, Günter Krings, und die | |
rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Andrea Voßhoff. Bei einer | |
Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags im Oktober sollen Experten zu | |
dem Abkommen befragt werden. | |
In einem am Mittwoch bekannt gewordenen Brief von Ende Juni hatten die | |
Chefs deutscher DAX-Konzerne die Bundestagsfraktionen zu einer | |
Ratifizierung des Uncac-Abkommens im Parlament gedrängt. Sie berichten von | |
peinlichen Nachfragen im Ausland, warum dieses Abkommen in Deutschland | |
nicht in Kraft sei. Der Vertrag verpflichtet die Unterzeichner, gegen | |
korrupte Amtsträger vorzugehen und dabei international zusammenzuarbeiten. | |
Die mehr als 30 Spitzenmanager erklärten, Deutschland müsse international | |
glaubwürdig sein. „Die deutsche Industrie ist sehr an einem | |
korruptionsfreien und fairen Wettbewerb in allen Partnerländern gelegen.“ | |
Eine Ratifizierung des Abkommens würde auch die Bemühungen der Wirtschaft | |
bei der Korruptionsprävention unterstützen. | |
Zu den Unterzeichnern des Briefs an die Bundestagsfraktionen gehören unter | |
anderem die Chefs von Siemens, Daimler, Allianz, Bayer, Eon, Deusche | |
Telekom, Lufthansa, Deutsche Bank, ThyssenKrupp, Commerzbank. Das Abkommen | |
ist inzwischen von 160 Staaten ratifiziert. Nur wenige Länder, darunter | |
Deutschland, Syrien, Sudan und Saudi-Arabien, haben sich dazu noch nicht | |
durchgerungen. | |
## Abgeordnete und Essenseinladungen | |
In der Unionsfraktion hieß es nun, man könne zwar einem Beamten verbieten, | |
sich zum Essen einladen zu lassen; einem frei gewählten Abgeordneten könne | |
man aber keine solche Vorgabe machen. Außerdem habe das UN-Abkommen wenig | |
praktische Relevanz. | |
Deutschland habe eine funktionierende Antikorruptionskontrolle und keine | |
Strafbarkeitslücken, weder bei Betrug und Untreue noch beim verbotenen | |
Stimmenkauf. Allerdings wolle sich niemand der weiteren Debatte entziehen. | |
„Wir müssen prüfen, ob es Möglichkeiten zur Umsetzung von Uncac gibt.“ D… | |
diene auch die Bundestagsanhörung im Oktober. | |
Die Antikorruptionsorganisation [1][Transparency International] begrüßte | |
die Initiative der deutschen Wirtschaft. „Das Schreiben bestätigt unsere | |
jahrelange Forderung an das Parlament, endlich den Straftatbestand der | |
Abgeordnetenbestechung zu verschärfen“, sagte Peter von Blomberg, | |
stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland. Die | |
unterlassene Ratifizierung schade der deutschen Exportwirtschaft. | |
Die Oppositionsfraktionen im Bundestag von SPD, Grünen und Linkspartei | |
haben bereits vorgeschlagen, durch eine Neufassung des Paragrafen 108e des | |
Strafgesetzbuchs die Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten zu | |
erweitern, um den Weg für eine Ratifizierung des Abkommens frei zu machen. | |
9 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.transparency.de/ | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Korruption | |
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