# taz.de -- Kameraeinsatz bei Anti-Nazi-Protesten: Empörung über Überwachung | |
> Die Überwachung von Demonstrierenden in Hannover und Bad Nenndorf steht | |
> parteiübergreifend in der Kritik. Die Grüne fordern eine Reform des | |
> Polizeigesetzes. | |
Bild: Wurden überwacht: Protestierende in Hannover und Bad Nenndorf. | |
HANNOVER taz | Die Kritik des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK | |
Vorrat) am polizeilichen Kamera- und Drohneneinsatz bei Anti-Nazi-Protesten | |
vom vergangenen Wochenende in Bad Nenndorf und Hannover stößt | |
parteiübergreifend auf Unterstützung. | |
[1][Massive und zum Teil verdeckte Überwachung von Demonstrierenden], die | |
sich am Samstag gegen eine von Neonazis ursprünglich im Anschluss an ihren | |
Trauermarsch in Bad Nenndorf geplante Kundgebung in Hannover versammelt | |
hatten, wirft der AK Vorrat der Polizeidirektion Hannover vor. In einem | |
Offenen Brief kritisieren die Datenschützer auch den rechtlich umstrittenen | |
Einsatz einer Drohne in Bad Nenndorf. | |
Aufklärung fordert jetzt auch der Grünen-Stadtverband, Veranstalter der | |
Demo gegen rechts hinter Hannovers Hauptbahnhof. „Wir wollen wissen, wann, | |
von wo, mit welchen technischen Mitteln und auf welcher Rechtsgrundlage | |
unsere Kundgebung beobachtet wurde und wer diese Überwachung angeordnet | |
hat“, sagt der Demo-Anmelder und Stadtverbandsvorsitzende Tobias Leverenz. | |
Im Landtag bekräftigen die Grünen ihre Forderung nach einer Reform des | |
Polizeigesetzes. „Eingriffe in Grundrechte wie das auf informationelle | |
Selbstbestimmung durch den Drohneneinsatz in Bad Nenndorf müssen ein Ende | |
haben“, sagt ihre Innenpolitikerin Meta Janssen-Kucz. Einen entsprechenden | |
Entwurf haben die Grünen bereits im Juli in den Landtag eingebracht. Ein | |
zentraler Punkt darin: Besserer Datenschutz bei der Polizeiarbeit. | |
Anlasslose Überwachungen von Großveranstaltungen etwa sollten gestrichen, | |
sogenannte Rasterfahndungen oder Standortermittlungen eingeschränkt werden. | |
Jährlich soll nach dem Entwurf der Nutzen erhobener Daten evaluiert werden. | |
„Wenn man Daten erhebt, dann nicht aus bloßer Sammelwut, sondern nur mit | |
Sinn und Zweck“, sagt Janssen-Kusc. Zu oft wüssten Einsatzleitungen gar | |
nicht, was genau sie erfassen – wie jüngst in Hannover. Dort erklärt die | |
Polizeidirektion eine Woche nach dem Einsatz zwar, man nehme die Kritik | |
ernst. Einen genauen Überblick über die Überwachungsmaßnahmen aber würde | |
man noch immer „zusammentragen“, wie es eine Sprecherin formuliert. | |
Reformbedarf bei der Regelung der Polizeiarbeit haben auch SPD- und | |
Linksfraktion im Landtag bereits signalisiert, wo derzeit der | |
Innenausschuss eine Anhörung zum Grünen-Gesetzentwurf vorbereitet. Sie | |
sehen auch die Überwachung der Anti-Nazi-Proteste ähnlich kritisch: | |
Innenminister Uwe Schünemann (CDU), oberster Dienstherr von Niedersachsens | |
Polizei, wolle mit derlei Einsatz „zivilgesellschaftliches Engagement gegen | |
Neonaziaufmärsche diskreditieren“, erklärt die Linken-Innenpolitikerin Pia | |
Zimmermann. Wie die Grünen hat sie eine Kleine Anfrage zum Drohneneinsatz | |
in Bad Nenndorf angekündigt. | |
Und selbst die SPD rügt die Überwachungswut: „CDU und FDP schrecken | |
Demonstrierende davon ab, ihre verfassungsmäßigen Rechte wahrzunehmen“, so | |
ihre Innenpolitikerin Sigrid Leuscher. | |
10 Aug 2012 | |
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[1] /Ueberwachung-in-Hannover/!99107/ | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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