# taz.de -- Risiken für die öffentliche Hand: Schöne teure Mitte | |
> Bei der Umwandlung des Altonaer Bahngeländes zum Wohnviertel könnte die | |
> Stadt kräftig draufzahlen, weil sie in den Verhandlungen zu lax ist. | |
Bild: Goldesel für Investoren: Altonas Mitte. | |
Mit ihren Planungen zum zweitgrößten Stadtentwicklungsgebiet nach der | |
Hafencity auf dem Altonaer Bahngelände gerät die Stadtentwicklungsbehörde | |
weiter in Erklärungsnöte. Bevor die Bürgerschaft im September über den | |
Masterplan Mitte Altona, der als die Basis für die künftige Planung gilt, | |
entscheidet, wurde das Großprojekt am Dienstagabend im | |
Stadtentwicklungsausschuss verhandelt. | |
Die beteiligten BürgerInnen lehnen das Konzept ab. Sie fürchten, dass viele | |
ihrer Forderungen, die sich im Masterplan nicht wieder finden, später nicht | |
weiter verhandelbar sind. Deshalb wollen sie, dass die Verträge mit den | |
Grundeigentümern öffentlich gemacht werden. | |
Von der Entwicklung des gesamten, 75 Hektar großen Areals verspricht sich | |
die Stadt den Neubau von bis zu 3.500 Wohnungen. Weil die Bahn erst Ende | |
2013 über die Verlegung des Fernbahnhofs nach Diebsteich entscheiden, der | |
Senat aber bald bauen lassen will, laufen die Planungen des ersten | |
Bauabschnitts an der Harkortstraße unabhängig von der Bahnentscheidung. | |
Hier sollen rund 1.600 Wohnungen gebaut werden. | |
Im Masterplan werden grundlegende Inhalte, auf die sich die Stadt und die | |
Investoren bei der weiteren Planung des Gesamtareals berufen können, | |
festgelegt. Das Konzept sieht sechs- bis sieben-, bei den überbauten | |
Güterhallen sogar achtgeschossige Wohnblocks sowie Läden und Parks vor. | |
„Der erste Bauabschnitt ist allein nicht funktionsfähig“, kritisiert eine | |
Vertreterin des Koordinierungsgremiums. Werde nur dieser umgesetzt, fiele | |
ein Großteil der Parkanlage weg, die eigentlich 30 Prozent der Fläche | |
ausmachen sollte. Außerdem werde es ein Lärmproblem geben, wenn die Züge | |
weiterhin an Häusern und Parks vorbeiführen. | |
Die beteiligten BürgerInnen und die Linksfraktion fordern zudem, den Anteil | |
der öffentlich geförderten Wohnungen auf 50 Prozent zu erhöhen. „Wenn 59 | |
Prozent der Hamburger Haushalte Anspruch auf geförderte Wohnungen haben, | |
muss sich das auch in einem solchen Großprojekt widerspiegeln“ sagt Heike | |
Sudmann (Die Linke). | |
In der Kritik steht auch das öffentliche Kostenrisiko. In einer | |
Vereinbarung mit den Eigentümern hat die Stadt das finanzielle Risiko für | |
die Investoren auf 30 Millionen Euro gedeckelt. Während die Stadt – so die | |
Rechnung der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg – Kosten von rund 75 | |
Millionen Euro für die Erschließung der gesamten Fläche riskiert, machen | |
die Investoren durch die Umwidmung zum Wohngebiet hohe Gewinne. | |
„Das Projekt sollte sich finanziell tragen“, sagt Stadtplaner Mario Bloem, | |
der das Koordinierungsgremium berät. Solange eine verlässliche | |
Kostenübersicht fehle, sei eine fundierte Entscheidung nicht möglich. Für | |
den Stadtplaner hätte der Masterplan aber genau das leisten müssen. „Die | |
Stadt sollte ihre Einflussmöglichkeiten nutzen und eine Variante zur | |
bisherigen Planung prüfen“, so Bloem. | |
Den Vorwurf, die Stadt riskiere hohe Kosten, tut die | |
Stadtentwicklungsbehörde ab. Die Kalkulation der Steg sei „völlig | |
veraltet“. Bislang hat die Stadt aber noch keine neue Kalkulation des | |
Kostenrisikos vorgelegt. „Viele der Punkte spielen erst später eine Rolle“, | |
sagt Jutta Blankau. Dann, wenn der Masterplan entschieden ist. | |
15 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Stadtentwicklung | |
Autoverkehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mega-Projekt in Hamburg: Bahn frei für Neue Mitte Altona | |
Die Bahn will den Kopfbahnhof von Hamburg-Altona verlegen. Mit den Bürgern | |
will sie einen ausführlichen Dialog führen. | |
Autogegnerin Gröne über Altonas Neue Mitte: „Platz für Gärten“ | |
Bis Montag können Einwendungen gegen den Bebauungsplan eingereicht werden. | |
Gründe gibt es genug, findet das Netzwerk autofreies Wohnen. | |
Planung der Stadt: Der City graut vor Phoenix | |
Die Grundeigentümer der Harburger Fußgängerzone sehen sich vom | |
Phoenix-Center bedroht. Dass es auch noch erweitert werden soll, wollen sie | |
verhindern. | |
Kommentar Neue Mitte: Verschenkte Chance | |
Hamburg sollte sich sozial gerechtes Wohnungsbauprojekt leisten können, | |
statt den drastischen Mangel an günstigen Wohnungen zu ignorieren. |